12-51 Nr. 5

Überwachung
der Schulpflicht

RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung
v. 04.02.2007 (ABl. NRW. S. 155)1

1 Erfassung der Schulpflichtigen

1.1 Einschulung

Die Gemeindeverwaltung (Schulverwaltungsamt) erfasst mit Hilfe des Einwohnermeldeamtes alle Kinder, die gemäß § 35 SchulG (BASS 1-1) erstmals schulpflichtig werden, informiert die Eltern (§ 123 SchulG) über die Schulen der am Ort vorhandenen Schularten und weist sie auf ihre Anmeldepflicht (§ 41 Absatz 1 SchulG) und die Anmeldetermine hin.

Die Eltern melden das erstmals schulpflichtig werdende Kind an einer Grundschule der von ihnen gewählten Schulart an.

Die Gemeindeverwaltung (Schulverwaltungsamt) überprüft anhand der von den Schulen bestätigten Aufnahmen, ob alle schulpflichtigen Kinder angemeldet worden sind. Das Schulverwaltungsamt informiert das zuständige Jugendamt und die zuständige Schulaufsichtsbehörde bei allen Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Schulpflichterfüllung, insbesondere auch dann, wenn schulpflichtige Kinder nicht rechtzeitig angemeldet werden.

1.2 Übergang in eine weiterführende Schule

Zum Besuch einer weiterführenden Schule melden die Eltern die Schülerin oder den Schüler für die Schule der von ihnen gewählten Schulform und Schulart an (§ 41 Absatz 1 SchulG).

Der Übergang in eine weiterführende Schule richtet sich nach § 8 der Verordnung über den Bildungsgang in der Grundschule (AO-GS - BASS 13-11 Nr. 1.1). Die weiterführende Schule unterrichtet die Grundschule über die Anmeldung (§ 8 Absatz 4 AO-GS) und die Aufnahme. Anhand dieser Rückmeldung überprüft die Grundschule, ob alle Schülerinnen und Schüler in eine weiterführende Schule aufgenommen worden sind. Die Eltern der Schülerinnen und Schüler, die noch nicht in eine weiterführende Schule aufgenommen worden sind, werden von der Grundschule auf ihre Anmeldepflicht hingewiesen. Über Unregelmäßigkeiten informiert die abgebende Schule die Kommune der abgebenden Schule. Die Sätze 3 bis 6 gelten für Ersatzschulen und Ergänzungsschulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, entsprechend.

1.3 Übergang in das Berufskolleg oder die gymnasiale Oberstufe des Gymnasiums oder der Gesamtschule

Die Durchführung des Verfahrens obliegt der Kommune, in der sich die abgebende Schule befindet, oder den von ihr bestimmten Stellen. Die aufnehmende Schule (auch: Ersatzschule oder Ergänzungsschule, an der die Schulpflicht erfüllt werden kann) unterrichtet die Kommune der abgebenden Schule über die Aufnahme. Anhand dieser Rückmeldung überprüft die Kommune, ob alle Schülerinnen und Schüler angemeldet worden sind und weist die Eltern der noch nicht aufgenommenen Schülerinnen und Schüler auf die Anmeldepflicht hin.

1.4 Schulwechsel

Bei einem Schulwechsel teilen die Eltern der bisherigen Schule mit, welche Schule die Schülerin oder der Schüler künftig besuchen wird. Anhand der Rückmeldung der aufnehmenden Schule überprüft die abgebende Schule, ob die Schulpflicht weiter erfüllt wird. Über Unregelmäßigkeiten informiert die abgebende Schule die Kommune der abgebenden Schule. Die Sätze 2 und 3 gelten für Ersatzschulen und Ergänzungsschulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann, entsprechend.

1.5 Übermittlung von Daten

Für die Übermittlung von Daten in den Fällen der Nummer 1.1 bis 1.4 gilt § 7 der Verordnung über die zur Verarbeitung zugelassenen Daten von Schülerinnen und Schülern und Eltern (VO-DV I - BASS 10-44 Nr. 2.1).

2 Teilnahmepflicht

Die Schülerin oder der Schüler kann nur zeitlich befristet gem. § 43 Absatz 4 SchulG vom Unterricht beurlaubt oder von der Teilnahme an einzelnen Unterrichts- oder Schulveranstaltungen befreit werden. Für Schulversäumnisse wegen Krankheit gilt § 43 Absatz 2 SchulG.

3 Maßnahmen bei Nichterfüllung der Schulpflicht

Gemäß § 41 Absatz 3 SchulG sind Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleiterinnen und Schulleiter verpflichtet, Schulpflichtige, die ihre Schulpflicht nicht erfüllen, zum regelmäßigen Schulbesuch anzuhalten und auf die Eltern sowie auf die für die Berufserziehung Mitverantwortlichen einzuwirken.

Die Schule stellt zum Zweck der Schulpflichtüberwachung und im Hinblick auf eine sachgerechte Anwendung der Maßnahmen nach Nummer 3.1 bis 3.6 die lückenlose und zeitnahe Feststellung und Dokumentation von Fehlzeiten der Schülerinnen und Schüler sowie der getroffenen Maßnahmen sicher. Eine Feststellung der Fehlzeiten erst zum Ende eines Schulhalbjahres zum Zwecke der Dokumentation auf dem Zeugnis gemäß § 49 Absatz 2 SchulG ist unzulässig. Den Schulen wird die Festlegung von Verfahrensgrundsätzen über ein schulinternes Meldewesen von Fehlzeiten empfohlen.

Sofern an der Schule keine anderweitige Zuständigkeit getroffen ist, obliegt die Feststellung und geordnete Dokumentation von Fehlzeiten und getroffenen Maßnahmen der Klassen- oder Jahrgangsstufenleitung. Diese sorgt dafür, dass die die Klasse betreffenden Unterlagen ordnungsgemäß erstellt und geführt werden (§ 18 Absatz 4, § 19 Absatz 1 ADO).

Fehlzeiten sind als Organisations- bzw. Schullaufbahndaten sowie als Leistungsdaten in das Schülerstammblatt aufzunehmen (§ 4 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 1 VO-DV I). Fehlzeiten sind zudem in Klassenbüchern und Kursheften anzugeben, die gemäß § 4 Absatz 5 VO-DV I in Verbindung mit Anlage 2 als obligatorische Dokumentation zum sonstigen Datenbestand zählen. Dies gilt auch für schriftliche Entschuldigungen und vorgelegte Atteste als Teil der Schülerakte (Schülerbegleitmappe). Schriftliche Entschuldigungen und Atteste sind übrige Daten im Sinne von § 9 Absatz 1 Nummer 4 VO-DV I. Die Aufbewahrungsfrist beträgt 5 Jahre.

Die Maßnahmen Nummer 3.1 und 3.2 können auch bei Verletzung der Teilnahmepflicht durch nicht schulpflichtige Schülerinnen und Schüler angewandt werden.

Unentschuldigte Fehlzeiten sind eine wichtige Schulangelegenheit im Sinne von § 44 Absatz 1 SchulG, in denen die Eltern zu informieren und zu beraten sind. Für die Information von Eltern volljähriger Schülerinnen und Schüler gilt § 120 Absatz 10 SchulG.

3.1 Erzieherische Einwirkung (§ 53 Absatz 2 SchulG)

Die Ursachen von Schulpflichtverletzungen liegen häufig im sozialen Umfeld der Schülerin oder des Schülers innerhalb oder außerhalb von Schule. Die Schule soll daher versuchen, durch eine umfassende Beratung den Sinn und Zweck der Schulpflicht verständlich zu machen und so eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Die Schule soll in diesen Fällen möglichst frühzeitig Fachkräfte für Schulsozialarbeit im Hinblick auf sozialpädagogische Hilfen (RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 23.01.2008 - BASS 21-13 Nr. 6), das Jugendamt und die Schulpsychologie (RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 08.01.2007 - BASS 21-01 Nr. 15) beteiligen, damit - falls erforderlich - geeignete Angebote der Jugendhilfe und der sozialen Dienste gemacht werden können (§ 5 SchulG).

3.2 Ordnungsmaßnahmen (§ 53 Absatz 3 SchulG)

Wenn erzieherische Einwirkungen nach Art und Umfang des Pflichtenverstoßes nicht ausreichen, wenn sie erfolglos geblieben sind oder wenn feststeht, dass sie keinen Erfolg haben können, ist über die Anwendung einer in § 53 Absatz 3 SchulG genannten Ordnungsmaßnahme zu entscheiden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten (§ 53 Absatz 1 Satz 3 und 4 SchulG). Die angewandte Ordnungsmaßnahme muss zur Herbeiführung der Verhaltensänderung grundsätzlich geeignet sein.

3.3 Schriftliche Aufforderung der Schule

Bleibt die pädagogische Einwirkung (Maßnahmen nach Nummer 3.1 und gegebenenfalls Nummer 3.2) erfolglos oder steht fest, dass sie keinen Erfolg haben kann, so sind die Eltern und bei Schulpflichtigen im Bildungsgang der Berufsschule auch die Mitverantwortlichen für die Berufserziehung schriftlich auf ihre Verpflichtungen gemäß § 41 Absatz 1 und 2 SchulG hinzuweisen und aufzufordern, die Schülerin oder den Schüler zum regelmäßigen Schulbesuch zu veranlassen.

Gleichzeitig mit der schriftlichen Aufforderung ist auf die Möglichkeiten eines Verwaltungsvollstreckungsverfahrens gemäß § 41 Absatz 5 SchulG oder eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gemäß § 126 Absatz 1 SchulG hinzuweisen. Eine zwangsweise Zuführung gemäß § 41 Absatz 4 SchulG für den Fall, dass die oder der Schulpflichtige nicht innerhalb von drei Unterrichtstagen ihrer oder seiner Teilnahmepflicht nachkommt, ist in Abstimmung mit der zuständigen Ordnungsbehörde anzukündigen.

Auch Schülerinnen und Schüler, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, sind schriftlich auf ihre Pflicht zur regelmäßigen Teilnahme am Unterricht und sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen (§ 43 Absatz 1 SchulG) und die Möglichkeit eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gemäß § 126 Absatz 1 SchulG hinzuweisen. Dabei kann die zwangsweise Zuführung gemäß § 41 Absatz 4 SchulG für den Fall angekündigt werden, dass die oder der Schulpflichtige nicht innerhalb von drei Unterrichtstagen ihrer oder seiner Teilnahmepflicht nachkommt.

3.4 Zwangsweise Zuführung

Die oder der Schulpflichtige kann sowohl neben Maßnahmen nach Nummer 3.5 und 3.6 als auch unabhängig davon zwangsweise der Schule zugeführt werden.

Dabei ist folgendes Verfahren zu beachten:

3.4.1 Erfüllt die oder der Schulpflichtige trotz schriftlicher Aufforderung mit der Ankündigung der zwangsweisen Zuführung nach Nummer 3.3 ihre oder seine Teilnahmepflicht nicht, beantragt nach vorheriger Absprache entweder die Schulleiterin oder der Schulleiter oder die Schulaufsichtsbehörde bei der für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der oder des Schulpflichtigen zuständigen Ordnungsbehörde die zwangsweise Zuführung der oder des Schulpflichtigen zur Schule. Eine förmliche Androhung oder Festsetzung der zwangsweisen Zuführung nach §§ 63 und 64 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW ist nicht erforderlich. Für die sonstigen Zwangsmittel gemäß § 41 Absatz 5 SchulG gilt Nummer 3.6.

3.4.2 Nimmt die oder der Schulpflichtige vor der Durchführung der Maßnahme wieder regelmäßig am Unterricht teil, ist das Ersuchen auf zwangsweise Zuführung zurückzunehmen.

3.4.3 Die zwangsweise Zuführung zur Schule kommt bei Schulpflichtigen, die ihre Vollzeitschulpflicht erfüllen, im Allgemeinen nur dann in Betracht, wenn auch die Angebote der Jugendhilfe und der sozialen Dienste erfolglos geblieben sind. Wenn die oder der Schulpflichtige im Anschluss an einen Schulwechsel länger als drei Unterrichtstage der neuen Schule fernbleibt, kann das Verfahren nach Nummer 3.3 sofort eingeleitet werden. Ebenso kann das Verfahren schon nach drei Fehltagen eingeleitet werden, wenn anzunehmen ist, dass sich die oder der Schulpflichtige auf Dauer der Schulpflicht entziehen will. Beratung und erzieherische Einwirkungen sind nachzuholen.

3.5 Ordnungswidrigkeitenverfahren

Sowohl neben einer nach Nummer 3.4 und 3.6 getroffenen Maßnahme als auch unabhängig davon kann gemäß § 126 SchulG im Wege eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens eine Geldbuße bis zu 1.000 Euro verhängt werden

- gegen Eltern, die ihrer Verpflichtung zur Anmeldung zum Schulbesuch oder der Verpflichtung zur schulärztlichen Untersuchung vor der Aufnahme in die Schule nicht nachkommen,

- gegen Eltern, die nicht für die Teilnahme ihres Kindes an der Sprachstandsfeststellung sorgen,

- gegen Eltern, die nicht für die regelmäßige Teilnahme ihres zur Teilnahme an einem vorschulischen Sprachförderkurs verpflichteten Kindes sorgen,

- gegen die Eltern und Mitverantwortlichen für die Berufserziehung, die nicht dafür Sorge tragen, dass die oder der Schulpflichtige am Unterricht und an den sonstigen Veranstaltungen der Schule regelmäßig teilnimmt,

- gegen Schülerinnen und Schüler nach Vollendung des 14. Lebensjahres, die ihre Schulpflicht in der Sekundarstufe I oder Sekundarstufe II nicht erfüllen und

- gegen Eltern oder Schülerinnen und Schüler nach Vollendung des 14. Lebensjahres, die der Verpflichtung zu einer schulärztlichen oder schulzahnärztlichen Untersuchung nicht nachkommen.

Dabei ist folgendes Verfahren zu beachten:

3.5.1 Bevor ein Bußgeldbescheid erlassen werden kann, ist der oder dem Betroffenen die Beschuldigung bekannt zu geben und darauf hinzuweisen, dass ein Bußgeld verhängt werden kann. Gleichzeitig ist Gelegenheit zur Anhörung zu geben. Dabei reicht die Übersendung eines Fragebogens, der Gelegenheit gibt, sich schriftlich zu äußern, aus. Die zuständige Schulaufsichtsbehörde soll die Anhörung auf die Schule delegieren, wenn dadurch prognostisch eine Verfahrensbeschleunigung erfolgen kann. Die Anhörung kann auch zusammen mit einer Maßnahme nach Nummer 3.4 durchgeführt werden.

3.5.2 Für den Erlass des Bußgeldbescheides ist nach § 126 Absatz 3 SchulG die Schulaufsichtsbehörde zuständig.

3.5.3 Der Antrag an die Schulaufsichtsbehörde soll enthalten:

a) Die Personalien der oder des Schulpflichtigen, ihrer oder seiner Eltern und ggf. die Anschrift der Mitverantwortlichen für die Berufserziehung,

b) die Dauer des Schulversäumnisses,

c) einen Bericht über die bisher von der Schule veranlassten Maßnahmen und die darauf erfolgte Reaktion und

d) den Nachweis über die durchgeführte Anhörung und die darauf erfolgte Reaktion.

3.6 Verwaltungszwang

Sowohl neben den Maßnahmen nach Nummer 3.4 und Nummer 3.5, als auch unabhängig davon, kann Verwaltungszwang nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz verhängt werden.

Dabei ist folgendes Verfahren zu beachten:

3.6.1 Der Verwaltungszwang kann nur auf der Grundlage eines bestandskräftigen oder sofort vollziehbaren Verwaltungsaktes angewandt werden. Dieser Verwaltungsakt muss eine Aufforderung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde an die Eltern enthalten, dafür Sorge zu tragen, dass die oder der Schulpflichtige am Unterricht und an den sonstigen Veranstaltungen der Schule regelmäßig teilnimmt (siehe Nummer 3.3). Die Aufforderung ist mit einer Anordnung der sofortigen Vollziehung zu versehen.

3.6.2 Das Zwangsmittel zur Durchsetzung der Aufforderung (Zwangsgeld) ist schriftlich gemäß § 63 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW anzudrohen. Die Androhung ist mit der Aufforderung an die Eltern, dafür zu sorgen, dass die oder der Schulpflichtige am Unterricht und an den sonstigen Veranstaltungen der Schule regelmäßig teilnimmt, zu verbinden. Es ist eine angemessene Frist zur Erfüllung diese Verpflichtung zu gewähren. Das Zwangsgeld ist in bestimmter Höhe anzudrohen und mit dem Hinweis darauf zu verbinden, dass bei Nichtzahlung das Verwaltungsgericht auf Antrag der Vollzugsbehörde Ersatzzwangshaft anordnen kann.

3.6.3 Nach erfolgloser Androhung des Zwangsgeldes ist nach entsprechendem Fristablauf das Zwangsgeld schriftlich festzusetzen. Mit der Festsetzung ist eine angemessene Zahlungsfrist zu bewilligen. Nach erneut fruchtlosem Fristablauf ist das Zwangsgeld im Verwaltungszwangsverfahren beizutreiben.

 

 


1 Bereinigt. Eingearbeitet:
RdErl. v. 10.03.2021 (ABl. NRW. 04/21)