Teilnahme am Unterricht
und an sonstigen Schulveranstaltungen
Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung
Vom 29. Mai 2015 (ABl. NRW. S. 354)1
1 Teilnahmepflicht (§ 43 Absatz 1 SchulG - BASS 1-1)
1.1 Die Pflicht, regelmäßig und aktiv am Unterricht und an den sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen teilzunehmen, gilt auch für Schülerinnen und Schüler, die nicht mehr schulpflichtig sind.
1.2 Ein Schülerstreik oder ein von Eltern veranlasster Schulstreik sind unzulässig.
1.3 Bei Verstößen gegen die Teilnahmepflicht ist nach Nummer 3 des Runderlasses zur Überwachung der Schulpflicht vom 04.02.2007 (BASS 12-51 Nr. 5) zu verfahren.
2 Schulversäumnisse (§ 43 Absatz 2 SchulG)
2.1 Nicht vorhersehbare Gründe für ein Schulversäumnis sind z.B. ein Unfall oder ein Todesfall in der Familie. Ein nicht vorhersehbarer Grund kann auch der plötzliche Eintritt extremer Witterungsverhältnisse oder ein nicht vorhersehbarer Ausfall des öffentlichen Nahverkehrs sein. In diesen Fällen entscheiden die Eltern selbst, ob der Weg zur Schule zumutbar ist. Die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler in einem Berufsausbildungsverhältnis, die wegen extremer Witterungsverhältnisse das Berufskolleg nicht erreichen können, findet an diesen Tagen im Ausbildungsbetrieb statt, soweit dieser zumutbar erreicht werden kann.
2.2 Schulversäumnisse aus Krankheitsgründen sind von den Eltern schriftlich zu entschuldigen. Bei begründeten Zweifeln kann die Schule ein ärztliches Attest verlangen. Holt sie darüber hinaus in besonderen Fällen (z.B. bei besonders häufigem mit Krankheit begründetem Fehlen oder außergewöhnlicher Dauer der Krankheit) ein schulärztliches oder amtsärztliches Gutachten ein, hat sie die Kosten des Gutachtens zu tragen. Die Regelungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen bleiben unberührt.
3 Beurlaubung vom Unterricht
und von sonstigen Schulveranstaltungen
(§ 43 Absatz 4 Satz 1 Alternative 1 SchulG)
Wichtige Gründe, bei deren Vorliegen die Schulleiterin oder der Schulleiter eine Schülerin oder einen Schüler beurlauben kann, sofern wichtige schulische Gründe dem nicht entgegenstehen, sind insbesondere:
3.1 Persönliche Anlässe
(z.B. Erstkommunion und Konfirmation und vergleichbare Riten in anderen Religionsgemeinschaften; Hochzeit, Jubiläen, Geburt, schwere Erkrankung und Todesfall innerhalb der Familie). Die Dauer der Beurlaubung richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles.
3.2 Persönliche Gründe bei Schwangerschaft und Betreuung des Kindes, unter den Voraussetzungen des § 40 Absatz 1 Nummer 5 und 6 SchulG. Für schulpflichtige Schülerinnen und Schüler gilt § 40 Absatz 1 Nummern 5 und 6 SchulG unmittelbar.
3.3 Teilnahme an Veranstaltungen, die für die Schülerin oder den Schüler eine besondere Bedeutung haben, wie
- religiöse Veranstaltungen,
- Fortbildungsveranstaltungen (z.B. Seminare zur Vorbereitung auf den Übertritt in das Arbeitsleben),
- Veranstaltungen zum Zwecke der politischen Arbeitnehmerweiterbildung, wenn die Voraussetzungen des § 12a Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz vorliegen,
- politische Veranstaltungen (z.B. Bildungsarbeit der Parteien, der Gewerkschaften oder ihnen nahestehender Organisationen),
- kulturelle Veranstaltungen (z.B. aktive Teilnahme an künstlerischen und wissenschaftlichen Wettbewerben, Mitwirkung an Aufführungen eines Chores, Orchesters oder Theaters),
- Sportveranstaltungen (z.B. aktive Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen, Trainingslagern, Sportfesten),
- internationale Veranstaltungen, die der Begegnung Jugendlicher dienen,
- für ausländische Schülerinnen und Schüler Veranstaltungen aus Anlass nationaler Feiertage.
Die Dauer der Beurlaubung soll je Schuljahr insgesamt eine Woche nicht überschreiten.
3.4 Auslandsaufenthalt oder Schüleraustausch
Bei schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern muss der Besuch einer Schule des Gastlandes sichergestellt sein.
3.5 Erholungsmaßnahmen
Das Gesundheitsamt (Schulärztin oder Schularzt) muss die Beurlaubung aus gesundheitlichen Gründen für erforderlich halten.
3.6 Schließung des Haushaltes
Vorübergehende, unumgänglich erforderliche Schließung des Haushalts wegen besonderer persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse der Eltern.
3.7 Religiöse Feiertage
Das Gebot der Feiertagsheiligung als verbindliche Glaubensüberzeugung einer bestimmten Religionsgemeinschaft und die Zugehörigkeit der Schülerin oder des Schülers zu dieser Religionsgemeinschaft müssen sich feststellen lassen. Eine Beurlaubung ist insbesondere an den im Serviceteil „Termine“ der BASS genannten religiösen Feiertagen möglich. Soweit religiöse Feste mehrere Tage umfassen, kann eine Beurlaubung für einen Tag ausgesprochen werden. Hierüber entscheidet die Schulleitung unter Berücksichtigung der jeweiligen Glaubensausrichtung.
3.8 Fördermaßnahmen für wissenschaftliche, sportliche oder künstlerische Hochbegabungen
Eine Beurlaubung soll nur dann erfolgen, wenn durch eine Befreiung (vgl. Nummer 4.3) in einzelnen Fächern der Förderzweck nicht erreicht werden kann.
3.9 Veranstaltungen von Schülervertretungen
Die Mitglieder des Vorstandes eines Zusammenschlusses von Schülervertretungen sind zu Sitzungen dieser Organe grundsätzlich zu beurlauben, wenn sie eine ordnungsgemäße Einladung vorweisen können. Gleiches gilt für die Teilnahme an Delegiertenkonferenzen auf Landes- und Bezirksebene.
Für sonstige Veranstaltungen der Zusammenschlüsse von Schülervertretungen auf Landes- oder Bezirksebene können Schülerinnen und Schüler beurlaubt werden, wenn sie eine namentliche schriftliche Einladung vorlegen und schulische Gründe nicht entgegenstehen.
4 Befreiung
von einzelnen Unterrichts- oder Schulveranstaltungen
(§ 43 Absatz 4 Satz 1 Alternative 2 SchulG)
4.1 Eine Befreiung ist im Allgemeinen nur für außerunterrichtliche Schulveranstaltungen möglich. Für Befreiungen von mehrtägigen Schulfahrten gilt Nummer 4.2 der Richtlinien für Schulwanderungen und Schulfahrten vom 19.03.1997 (BASS 14-12 Nr.2).
4.2 Eine Befreiung von einzelnen Unterrichtsveranstaltungen kommt nur in Betracht, wenn eine bestimmte Unterrichtseinheit für eine Schülerin oder einen Schüler aus besonderen persönlichen Gründen unzumutbar ist. Die Pflicht zur Leistungsbewertung befreiter Schülerinnen und Schüler entfällt nur, wenn keine hinreichenden Beurteilungsgrundlagen vorliegen.
4.3 Wissenschaftlich, künstlerisch oder sportlich hochbegabte Schülerinnen und Schüler, die sich außerhalb der Schule in einer speziellen Ausbildung befinden, können zur besseren Ausbildung ihrer besonderen Fähigkeiten und Talente oder zur Vermeidung einer übermäßigen und möglicherweise gesundheitsgefährdenden Beanspruchung vom Unterricht in einzelnen Fächern befreit werden. Die Schule soll in solchen Fällen mit den Betroffenen einen mit der Schulaufsicht abgestimmten Ausbildungs- und Übungsplan erarbeiten, der die Gesamtentwicklung der Schülerin oder des Schülers unterstützt und zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf die Schullaufbahn beiträgt.
4.4 Eine Befreiung aus gesundheitlichen Gründen oder wegen sonstiger körperlicher Beeinträchtigungen kann neben dem Sportunterricht im Allgemeinen nur für den fachpraktischen Unterricht in künstlerischen und praktischen Fächern in Betracht kommen, wenn die Schülerin oder der Schüler sich auch nicht teilweise am Unterricht beteiligen kann. Ob die befreite Schülerin oder der befreite Schüler während des Unterrichts anwesend sein muss, entscheidet die Fachlehrerin oder der Fachlehrer. Zur Freistellung im Schulsport wird auf den entsprechenden Runderlass vom 09.12.1988 (BASS 12-52 Nr. 32) verwiesen.
4.5 Hitzefrei, extreme Witterungsverhältnisse
Wird der Unterricht bei heißem Wetter durch hohe Temperaturen in den Schulräumen beeinträchtigt, entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter, ob Schülerinnen und Schülern Hitzefrei gegeben wird. Als Anhaltspunkt ist von einer Raumtemperatur von mehr als 27 Grad Celsius auszugehen. Beträgt die Raumtemperatur weniger als 25 Grad Celsius, darf Hitzefrei nicht erteilt werden. Schülerinnen und Schüler der Grundschule und der Jahrgangsstufen 5 und 6 dürfen nur nach Absprache mit den Eltern vor dem regulären Unterrichtsschluss entlassen werden. Die besonderen örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Schule (Ganztagsbetrieb, Fahrplan der Schülerbusse) sind zu berücksichtigen.
Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II erhalten kein Hitzefrei. Wenn im Einzelfall einer Schülerin oder einem Schüler die Gefahr einer gesundheitlichen Schädigung droht (Kreislaufbeschwerden, Hitzestau), so ist sie oder er vom Unterricht zu befreien.
Auf die bei hohen Temperaturen verminderte Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler ist Rücksicht zu nehmen. Klassenarbeiten sollen nach Möglichkeit nicht geschrieben werden.
Die Regelungen sind auf andere extreme Witterungsverhältnisse (z.B. Glatteis, Sturmwarnungen) entsprechend anwendbar.
5 Allgemeine Regelungen/Verfahren
5.1 Die Befreiungs- und Beurlaubungsanträge sind von den Eltern so frühzeitig schriftlich über die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer an die Schulleitung zu stellen, dass eine rechtzeitige Entscheidung möglich ist.
5.2 Bei Anträgen zur Befreiung vom Unterricht oder von sonstigen verbindlichen Schulveranstaltungen aus religiösen Gründen sind die gegenüberstehenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Der Schule obliegt aus der Verfassung ein staatlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag, der durch die Schulpflicht umgesetzt ist; dem stehen die Religionsfreiheit der Schülerinnen und Schüler und das elterliche Erziehungsrecht in religiöser Hinsicht gegenüber. Das religiöse Selbstverständnis und der entstehende Glaubens- und Gewissenskonflikt sind im Einzelfall darzulegen. Beeinträchtigungen religiöser Überzeugungen durch die Schule sind als typische, von der Verfassung einberechnete Begleiterscheinung des staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages hinzunehmen, Befreiungen kommen daher nur in Ausnahmefällen in Betracht. In Zweifelsfällen ist die Entscheidung mit der Schulaufsichtsbehörde abzustimmen.
5.3 Die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern sind bei einer Beurlaubung darauf hinzuweisen, dass der versäumte Unterrichtsstoff nachzuholen ist. Die Schule soll die Schülerin oder den Schüler dabei unterstützen.
5.4 Unmittelbar vor und im Anschluss an die Ferien darf eine Schülerin oder ein Schüler nur beurlaubt werden, wenn die Beurlaubung ersichtlich nicht dem Zweck dient, die Schulferien zu verlängern, preisgünstigere Urlaubstarife zu nutzen oder möglichen Verkehrsspitzen zu entgehen.
5.5 Zeiten einer Beurlaubung oder Befreiung sind keine Fehlzeiten im Sinne des § 49 Absatz 2 Satz 1 SchulG und deshalb in Zeugnissen oder Bescheinigungen über die Schullaufbahnen nicht aufzunehmen. Ein Hinweis auf dem Zeugnis kann jedoch erforderlich sein, soweit aufgrund der Befreiung oder Beurlaubung keine Leistungsbewertung möglich war.
5.6 Befreiungen von der Teilnahme an einzelnen Unterrichts- oder Schulveranstaltungen und Beurlaubungen können durch die Schulleiterin oder den Schulleiter längstens bis zur Dauer eines Schuljahres ausgesprochen werden.
5.7 Für die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten der Eltern gilt § 123 SchulG entsprechend.
Den Ersatzschulen wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.
1 bereinigt