12-51 Nr. 4

Ausnahmegenehmigungen
zum Besuch
ausländischer oder internationaler Schulen

RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung
v. 13.09.2016 (ABl. NRW. 10/16 S. 39)

Nach § 34 Absatz 1 SchulG (BASS 1-1) besteht die Schulpflicht für Kinder und Jugendliche mit deutscher oder mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die in Land Nordrhein-Westfalen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstätte haben. Die Schulpflicht ist grundsätzlich durch den Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen, sofern nicht eine anerkannte Ergänzungsschule besucht wird (§ 34 Absatz 5 SchulG Satz 4 SchulG) oder in Einzelfällen von der Schulaufsichtsbehörde aus wichtigem Grund eine Ausnahme zugelassen wird (§ 34 Absatz 5 Satz 3 SchulG). Bei dieser Entscheidung ist Folgendes zu beachten:

1 Ausländische und internationale Schulen

Bei den nichtdeutschen Schulen im Sinne von § 34 Absatz 5 SchulG Satz 2 SchulG lassen sich unterscheiden:

1.1 Schulen für die Kinder von Angehörigen der diplomatischen Vertretungen

Diese Schulen werden in der Regel von Kindern und Jugendlichen besucht, die nach völkerrechtlichen Grundsätzen nicht der Schulpflicht unterliegen.

1.2 Schulen für die Kinder von Angehörigen der Stationierungsstreitkräfte

Diese Schulen werden ebenfalls in der Regel von Kindern und Jugendlichen besucht, die von der Schulpflicht ausgenommen sind.

1.3 Sonstige ausländische oder internationale Schulen

1.3.1 Sie sind anzeigepflichtige Ergänzungsschulen im Sinne des § 116 SchulG, wenn ihre Organisation und der Unterricht den in dem jeweiligen ausländischen Staat oder international geltenden Regelungen entsprechen; dies ist bei ausländischen Schulen durch eine Erklärung der zuständigen ausländischen Schulbehörde oder der Botschaft des ausländischen Staates zu bestätigen.

1.3.2 Sie sind anerkannte Ergänzungsschulen, wenn ihnen diese Eigenschaft gemäß § 118 Absatz 3 SchulG verliehen wurde.

1.4 Schulen im Ausland

Hierbei handelt es sich im Regelfall um Schulen in unmittelbarer Nähe der deutschen Grenze.

2 Grundsätze

Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ist zu berücksichtigen, dass

- die allgemeine Schulpflicht für alle Kinder und Jugendlichen eine bestimmte Mindestbildung gewährleisten soll,

- die grundsätzliche Verpflichtung auch ausländischer Kinder zum Besuch einer deutschen Schule insbesondere im Primarbereich den Willen des Gesetzgebers zur Integration ausdrückt,

- ein wichtiger Grund nicht allein in dem Wunsch gesehen werden kann, eine Schule im (grenznahen) Ausland oder eine ausländische oder internationale Schulen zu besuchen. Vielmehr ist das öffentliche Interesse an der Erfüllung der Schulpflicht durch Besuch einer deutschen Schule mit dem Individualinteresse an einer Ausnahme und den nachteiligen Folgen bei ihrer Ablehnung abzuwägen.

3 Einzelfälle

Beispielhaft lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden:

3.1 Kinder von Angehörigen der diplomatischen Vertretungen und der Stationierungsstreitkräfte unterliegen nicht der Schulpflicht.

3.2 Bei Kindern und Jugendlichen, die sich nachweislich nur vorübergehend im Bundesgebiet aufhalten, liegt ein Ausnahmegrund gemäß § 34 Absatz 5 Satz 2 Buchstabe a SchulG vor. Dies gilt für den Besuch der Grundschule wie für den Besuch einer weiterführenden Schule. Für Schulpflichtige im Bildungsgang der Berufsschule kann eine Ausnahme nicht erteilt werden, wenn ein Berufsausbildungsverhältnis besteht.

3.3 Ein Ausnahmegrund ist von vornherein gegeben, wenn eine anerkannte ausländische oder anerkannte internationale Ergänzungsschule im Sinne des § 118 Absatz 3 SchulG besucht werden soll. Der Schulbesuch ist der Schulaufsichtsbehörde durch den Schulträger gemäß § 34 Absatz 5 Satz 4 SchulG anzuzeigen. Eine Ausnahmegenehmigung im Einzelfall ist nicht erforderlich.

3.4 In den Fällen, in denen eine nicht anerkannte ausländische oder nicht anerkannte internationale Ergänzungsschule oder eine Schule im Ausland besucht werden soll, müssen in der Primarstufe besonders wichtige Gründe vorliegen, die nach Abwägen aller Umstände der Durchsetzung der Schulpflicht in der deutschen Schule vorgehen.

Besonders wichtige Gründe sind z.B. in folgenden Fällen anzunehmen:

3.4.1 Das Kind zieht aus dem Ausland zu, wo es bislang eine entsprechende Schule besucht hat, und es hält sich nur vorübergehend im Bundesgebiet auf (z.B. bei nachweislich bevorstehendem Umzug ins Ausland u.Ä.) oder die Eingliederung in das deutsche Schulsystem ist nicht möglich.

3.4.2 Nach dem Zuzug aus dem grenznahen Ausland bleibt das Leben der Familie in der dortigen Kultur verwurzelt (soziale Kontakte, Familie, Kinderbetreuung nach der Schule, berufliche und kulturelle Orientierung).

3.4.3 Das Kind wird den Schwerpunkt seiner Lebensbeziehungen spätestens nach zwei Jahren im Ausland haben und dies wird glaubhaft gemacht (z.B. durch Bescheinigung des Arbeitgebers).

3.4.4 Nachweislich soll von einem Elternteil (§ 123 SchulG) entweder eine Facharztausbildung absolviert oder eine befristete berufliche Tätigkeit ausgeübt werden, längstens für sechs Jahre. Eine Überschreitung dieses Zeitraums ist nur zulässig, wenn die Ausbildung oder befristete Tätigkeit verlängert werden muss, ohne dass dies von vornherein absehbar war. Die Ausnahmegenehmigung ist in der Regel befristet zu erteilen; nach jeweils zwei Jahren ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Ausnahmegenehmigung noch vorliegen.

3.4.5 Besondere persönliche Umstände unter Berücksichtigung des deutschen Schulangebots rechtfertigen den Besuch einer Schule im Ausland (vgl. Nr. 1.4). Dabei ist z.B. zu berücksichtigen, ob Deutsch Unterrichtssprache ist, ein deutschsprachiges Umfeld besteht oder Regelungen zur Anerkennung von schulischen Bildungsabschlüssen und Berechtigungen bestehen, so dass dem Integrationserfordernis genügt wird.

4 Verfahren

4.1 Bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Besuch einer ausländischen oder internationalen Ergänzungsschule oder einer Schule im Ausland sind die Eltern schriftlich darüber zu belehren, dass an dieser Schule nicht die Abschlüsse erreicht werden können, die das deutsche Schulwesen vorsieht, und dass ein späterer Übergang auf deutsche Schulen wegen unterschiedlicher Lehrpläne und Lerninhalte erschwert ist. Gleiches gilt für die Anerkennung der Abschlüsse in Bezug auf die Hochschulzugangsberechtigung.

4.2 Ausnahmegenehmigungen können nur für die unter Nummern 1.1 bis 1.4 aufgeführten Schulen und unter der Voraussetzung erteilt werden, dass der Schulträger der ausländischen oder internationalen Schule schriftlich die Aufnahmebereitschaft erklärt hat.