18-29 Nr. 5

Richtlinien
zur Sicherheit im Unterricht
an allgemeinbildenden Schulen
in Nordrhein-Westfalen
(RISU-NRW)

RdErl. d. Ministeriums für Schule und Bildung
v. 08.05.2020 (ABl. NRW. 07/20)

1 Allgemeines

Die Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht an allgemeinbildenden Schulen in Nordrhein-Westfalen (RISU-NRW) gelten in den naturwissenschaftlichen Fächern, in Technik, Arbeitslehre, Hauswirtschaft, Textilgestaltung, Kunst und Musik der allgemeinbildenden Schulen. Sie gelten auch für weitere Unterrichtsveranstaltungen, in denen Tätigkeiten ausgeübt werden, bei denen diese Richtlinie anzuwenden ist.

Die RISU-NRW setzt die Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht - Empfehlung der Kultusministerkonferenz in der Fassung vom 14.06.2019 - in Nordrhein-Westfalen verbindlich um. Abweichend davon gelten einige Ergänzungen und Präzisierungen, die unten aufgelistet sind.

Entgegen der Aussage zum Geltungsbereich in der KMK-Fassung, wonach die RiSU für die berufsübergreifenden Fächer berufsbildender und beruflicher Schulen gilt, ist festzustellen, dass dieses in Nordrhein-Westfalen aufgrund einer eigenständigen RISU-BK NRW (BASS 18-29 Nr.7) nicht gilt.

In den genannten Fächern ist neben der Gewährleistung der Sicherheit die Sicherheitserziehung der Schülerinnen und Schüler eine wichtige Aufgabe. Sie sind bei jeder Gelegenheit zu einem sicherheitsgerechten Verhalten anzuhalten. Dazu ist es notwendig, dass sie nach Möglichkeit an praktischen Tätigkeiten und Versuchen im Unterricht beteiligt werden sollen und daher zum Beispiel im naturwissenschaftlichen Unterricht auch selbst experimentieren. Den Schülerinnen und Schülern sollen die fachlichen Voraussetzungen für einen sachgerechten Umgang mit Geräten sowie Arbeits- und Gefahrstoffen vermittelt werden.

2 Verantwortlichkeiten

Für die Beachtung der staatlichen Arbeitsschutzvorschriften an öffentlichen Schulen ist als Arbeitgeber das Land Nordrhein-Westfalen verantwortlich. Im Bereich der inneren Schulangelegenheiten liegt die Verantwortung für den Arbeitsschutz nach § 13 Absatz 1 Nummer 4 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) bei den Schulleiterinnen und Schulleitern der Schulen (§ 59 Absatz 8 SchulG - BASS 1-1). Dazu gehört es im Rahmen der inneren Schulangelegenheiten auch, die in der Schule tätigen Personen sowie andere Personen, die sich in der Schule aufhalten, vor entsprechenden Gefährdungen zu schützen. Die Verantwortung der Schulträger für die äußeren Schulangelegenheiten bleibt davon unberührt (§ 79 SchulG).

Sollten Schulleiterinnen oder Schulleiter die Aufgaben des Bereiches für die Gefahrstoffe nicht persönlich wahrnehmen, können sie die ihnen obliegenden Aufgaben in genau festzulegendem Umfang auf nur eine zuverlässige und fachlich geeignete Lehrerin oder nur einen zuverlässigen und fachlich geeigneten Lehrer (der oder die „Gefahrstoffbeauftragte“) in schriftlicher Form übertragen. Dies ist eine Beauftragung im Sinne des § 13 Absatz 2 ArbSchG und schließt die Weisungsbefugnis im Rahmen der übertragenen Pflichten ein. Die Beauftragung bedarf der Zustimmung der Lehrkraft. Insoweit nehmen Lehrerinnen und Lehrer, die selbst Beschäftigte im Sinne der Gefahrstoffverordnung sind, zugleich Aufgaben des Arbeitgebers in eigener Verantwortung wahr. Der Lehrkraft ist für die Wahrnehmung dieser Aufgaben eine Entlastung durch die in der Leitungszeit zur Verfügung stehenden Stunden zu gewähren (vergleiche RiSU I - 3.2).

3 Umsetzung

Die RISU-NRW fasst die in den Schulen zu beachtenden einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften (Stand Februar 2019) zusammen und erläutert diese, so zum Beispiel das Arbeitsschutzgesetz, die Biostoff-, Gefahrstoff-, CLP (Regulation on Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures)-, Betriebssicherheitsverordnung, Strahlenschutzgesetz und Strahlenschutzverordnung, die Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung, die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, die Arbeitsstättenverordnung, die Unfallverhütungsvorschriften und die technischen Regeln, wie zum Beispiel die Technischen Regeln Gefahrstoffe (TRGS) und DIN-Normen.

Auf Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes ist bei allen Tätigkeiten mit möglicher Gefährdung die Durchführung einer tätigkeitsbezogenen Gefährdungsbeurteilung erforderlich. Darauf basierend müssen notwendige Maßnahmen ermittelt und festgelegt werden.

Bei der jetzigen Aktualisierung erfolgten Anpassungen an die aktuelle Rechtslage bezüglich des Mutterschutzgesetzes und der Biostoffverordnung sowie Überarbeitungen zum Bereich „Gefahrstoffe“. Weiterhin erfolgten Präzisierungen und sprachliche Ausschärfungen.

Die RISU-NRW ist in drei Teile und einen Anhang gegliedert:

Teil I

enthält auf der Grundlage der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften die für den oben genannten Geltungsbereich verbindlichen Regelungen,

Teil II

enthält Hinweise und Ratschläge, die Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern ein sicherheitsbewusstes und umweltgerechtes Verhalten in der täglichen Schulpraxis erleichtern,

Teil III

enthält Anlagen zu den Teilen I und II,

Anhang

enthält verbindliche Regelungen zum Strahlenschutz.
Auf die Hinweise zum Strahlenschutzrecht unter 4.3 dieses Erlasses wird hingewiesen.

Tabelle 1: Gliederung RISU-NRW

4 Ergänzungen und Präzisierungen

In NRW gelten abweichend von der RiSU-KMK folgende Ergänzungen und Präzisierungen:

4.1 Gefahrstoffe

zu I - 3.2

siehe Nummer 2 (Verantwortlichkeiten) dieses Einführungserlasses

zu I - 3.2.1

Es wird darauf hingewiesen, dass für die Chemikalienverwaltung, die Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen und die Festlegungen der Versuchsaufbauten das kostenfreie Online-Portal DEGINTU der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (Anmeldung unter https://degintu.dguv.de/login) verwendet werden kann. Andere geeignete Vorgehensweisen sind selbstverständlich auch möglich, um den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen.

zu I - 3.2.2

Lehrkräfte sollen nur zu solchen Zeiten zur Pausenaufsicht eingesetzt werden, die nicht vor und nach Unterrichtsstunden liegen, in denen sie regelmäßig Tätigkeiten mit Gefahrstoffen ausführen, damit Gefahrstoffe bereitgestellt und vorschriftsgerecht zurückgestellt werden können.

zu I - 3.5.1

Die Verwendung und Lagerung von Formaldehydlösungen - auch als Konservierungslösung von Feuchtpräparaten - bleibt verboten.

zu I - 3.5.3

Mit dem Verbot der Aufbewahrung von Pikrinsäure ist auch das Verbot der Aufbewahrung von Pikrinsäurelösungen gemeint.

zu I - 3.6.2

Generell verboten für Schülerinnen und Schüler sind Tätigkeiten mit Druckgasflaschen. Tätigkeiten mit Aerosol- und Druckgaspackungen (wie zum Beispiel Spraydosen) sind hingegen erlaubt, es sei denn, sie enthalten Wasserstoff oder akut toxische Gase der Kategorien 1 bis 3 oder ätzende Gase. Für die Verwendung von Kartuschenbrennern gelten die Regelungen in I - 5.4.

zu I - 4.3.1

Die Tätigkeiten an den im Abschnitt aufgeführten Maschinen sind nur Lehrkräften erlaubt, die aufgrund von Ausbildung, Studium oder durch entsprechende Fortbildungsmaßnahmen die erforderlichen Fachkenntnisse zum Betrieb der Maschinen haben.

zu II - 1.3 und III - 8

Die angegebenen Prüffristen von drei Jahren für Abzüge und Sicherheitsschränke sind Maximalwerte. Es ist in jedem Fall im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu überprüfen, ob nicht kürzere Intervalle erforderlich sind. Hierbei gilt insbesondere Folgendes:

- Die Herstellerangaben sind zu beachten.

- Die Prüffrist für Abzüge beträgt nur dann drei Jahre, wenn die Abzüge über eine selbstüberwachende optische und akustische Warneinrichtung verfügen. Dies wird in den wenigsten Schulen der Fall sein. Die häufig in Schulen vorkommenden optischen und akustischen Warneinrichtungen sind in der Regel nicht selbstüberwachend und erfüllen daher diese Bedingung nicht. Ohne diese Einrichtung beträgt die Prüffrist ein Jahr (vergleiche Nummer 7.3 TRGS 526).

4.2 Technik

Auf die Neuregelung zum 3D-Druck in Kapitel I - 4.7 wird hingewiesen.

Für den Unterricht im Fach Technik wird in Ergänzung der fachbezogenen Hinweise und Ratschläge - Technik / Arbeitslehre Kap. II - 5 zusätzlich besonders hingewiesen auf:

zu II - 1.4 Versuchsaufbauten, Umgang mit Glasgeräten und Stativen

zu II - 1.5.2 Gefährdungen bei sonstigen Wärmequellen

zu II - 1.5.5 Heißluftgebläse

zu II - 1.6.1 Erhitzen von Flüssigkeiten

zu II - 1.6.2 Destillation

zu II - 2.2.2 Gemische aus entzündbaren Gasen bzw. Dämpfen mit Luft oder Sauerstoff

zu II - 2.3 Extrem und leicht entzündbare Stoffe

zu II - 4.4 Elektrizitätslehre, und zusätzlich:

Den Aufbau von Elektrolehrmaschinen (Motoren, Generatoren) besonders sorgfältig planen und ausführen. Falls die Gefahr besteht, dass Massenstücke wegfliegen, Schutzscheibe benutzen. Rotierende Körper nicht in Augenhöhe anordnen.

Ergänzung zu II - 5.6 Elektronische Schaltungen auf Platinen:

Für den Umgang mit CNC-Fräseinrichtungen ist II - 5.1 (Holzbearbeitung mit Maschinen) auf kupferkaschiertes Platinenmaterial entsprechend anzuwenden.

Weiterhin gilt II - 5.3 Lärm.

Falls Unterrichtsräume speziell für den Unterricht im Fach Technik in der gymnasialen Oberstufe betrieben werden und keinen hauptsächlichen Werkraumcharakter (vergleiche I - 4.3 Tätigkeiten mit Maschinen und Geräten) aufweisen, sind die Fachraumanforderungen gleich mit III - 1.1 Naturwissenschaftlicher Unterrichtsraum.

4.3 Strahlenschutz

Die Regelungen zum Umgang mit radioaktiven Stoffen sowie zum Betrieb von Schulröntgeneinrichtungen und Störstrahlern befinden sich im Anhang. Diese sind verbindlich für Nordrhein-Westfalen.

Infolge von Änderungen im Strahlenschutzrecht1 stimmen die Bezüge im Anhang Strahlenschutz der Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht (RiSU) - Empfehlung der Kultusministerkonferenz, Beschluss der KMK vom 09.09.1994 in der Fassung vom 14.06.2019 nicht mehr. Die Regelungen sollen aber - unter Berücksichtigung der nachfolgenden Hinweise - bis zur Anpassung der RiSU durch die KMK sinngemäß weiter angewendet werden.

Hinweise im Kontext des geänderten Strahlenschutzrechts

Strahlenschutzorganisation in der Schule

- Strahlenschutzverantwortlicher im Sinne des StrlSchG ist der Schulträger (Sachkostenträger). Er delegiert als Strahlenschutzverantwortlicher schriftlich bestimmte Aufgaben und Pflichten an Schulleiterinnen oder Schulleiter und teilt der Aufsichtsbehörde mit, welche Person die Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen in der Schule wahrnimmt.

- Falls radioaktive Strahler, Schulröntgengeräte oder Störstrahler an der Schule vorhanden sind, sind pro Schule mindestens eine Lehrkraft und eine Vertretung schriftlich zu Strahlenschutzbeauftragten zu bestellen.

Fachkunde im Strahlenschutz

- Physiklehrkräfte an Schulen, in denen mit radioaktiven Stoffen umgegangen oder eine Schulröntgeneinrichtung oder ein Störstrahler betrieben wird, sollen die Fachkunde im Strahlenschutz erwerben und durch die fristgerechte Aktualisierung aufrechterhalten.

Umgang mit radioaktiven Stoffen

- Beim genehmigungspflichtigen und beim anzeigebedürftigen Umgang mit radioaktiven Stoffen und Präparaten muss die Lehrkraft die Fachkunde im Strahlenschutz besitzen. Eine Bestellung zum Strahlenschutzbeauftragten ist hierbei nicht erforderlich (§ 82 StrlSchV).

- Der Umgang mit natürlichen radioaktiven Stoffen zum Zwecke der Nutzung der Radioaktivität zu Lehrzwecken ist genehmigungsfrei, wenn die Ortsdosisleistung des jeweiligen Stoffs 1 Mikrosievert durch Stunde in 0,1 Meter Abstand von der berührbaren Oberfläche nicht überschreitet (Anlage 3 Teil B Nummer 8 StrlSchV).

- Für die Verwendung von Konsumgütern wie Urangläsern oder Uhren, die auf der Grundlage von früheren Regelungen genehmigungsfrei hergestellt wurden, ist keine Genehmigung erforderlich (§ 206 Abs. 2 StrlSchG).

- Durch geeignete Schutzmaßnahmen ist eine innere Exposition durch Stoffe auszuschließen, bei denen der Umgang nach Anlage 3 Teil B Nummer 8 StrlSchV genehmigungsfrei ist (siehe oben). Die Aufsicht führende Lehrkraft hat dafür zu sorgen, dass Schülerinnen und Schüler persönliche Schutzausrüstungen (Schutzbrillen, Schutzhandschuhe) tragen, falls das Experiment oder das Verfahren es erfordert.

- Bauartzugelassene Vorrichtungen hat der Inhaber, sofern im Zulassungsschein nicht kürzere Fristen vorgesehen sind, alle zehn Jahre nach Auslaufen der Bauartzulassung auf Unversehrtheit und Dichtheit prüfen zu lassen. Liegt das Auslaufen der Bauartzulassung am 31. Dezember 2018 mehr als zehn Jahre zurück, hat die Prüfung der Unversehrtheit und Dichtheit spätestens bis zum 31. Dezember 2021 zu erfolgen. Eine Dichtheitsprüfung ist nicht erforderlich, wenn die Aktivität der in der bauartzugelassenen Vorrichtung enthaltenen Stoffe unterhalb der Freigrenze liegt (§ 185 StrlSchV, §§ 16-26 StrlSchG).

Betrieb von Schulröntgeneinrichtungen und Störstrahlern

- Beim Betrieb einer Schulröntgeneinrichtung dürfen Schülerinnen und Schüler nur unter Aufsicht einer im Strahlenschutz unterwiesenen Fachlehrkraft unmittelbar mitwirken. Eine Bestellung zum Strahlenschutzbeauftragten ist hierbei nicht erforderlich (§ 82 StrSchV).

- Beim Betrieb eines genehmigungsbedürftigen Störstrahlers dürfen Schülerinnen und Schüler nur unter Aufsicht einer Fachlehrkraft unmittelbar mitwirken, die die Fachkunde im Strahlenschutz besitzt. Eine Bestellung zum Strahlenschutzbeauftragten ist hierbei nicht erforderlich (§ 82 StrSchV).

- Die beabsichtigte Inbetriebnahme einer Schulröntgeneinrichtung ist vier Wochen vorher bei der zuständigen Behörde anzuzeigen (§ 19 StrlSchG).

5 Schlussbestimmungen

Die Veröffentlichung erfolgt als Heft 1031/1 in der Schriftenreihe „Schule in NRW“. Die übersandten Hefte sind für Fachkolleginnen und Fachkollegen wie auch für die Mitwirkungsorgane zur Einsichtnahme und Ausleihe verfügbar zu machen.

Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt der RdErl. „Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht an allgemeinbildenden Schulen in Nordrhein-Westfalen (RISU-NRW)“ des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 29.11.2016 (BASS 18-29 Nr. 5) außer Kraft.

 


1 Neue Grundlage für den Strahlenschutz ist das Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) vom 27.06.2017. Mit der Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts, die zum 31.12.2018 in Kraft getreten ist, wurden die Regelungen des Strahlenschutzgesetzes durch eine neue Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung StrlSchV) ergänzt und konkretisiert. Die Röntgenverordnung besteht nicht mehr als separate Rechtsnorm.