Mit der Distanzunterrichtsverordnung wird die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass Schulen im Ausnahmefall zeitweise Distanzunterricht einrichten können. Ein solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn der Präsenzunterricht zeitweilig aufgrund eines epidemischen Infektionsgeschehens oder einer Extremwetterlage nicht oder nicht vollständig erteilt werden kann. Die Verordnung gewährleistet den Anspruch aller jungen Menschen auf Bildung und Erziehung in diesen Notsituationen. |
Zu BASS 12-05 Nr. 10
Verordnung
über die Einrichtung von Distanzunterricht
(Distanzunterrichtsverordnung -
DistanzunterrichtsVO)
Vom 14. November 2022
(GV. NRW. S. 1010)
Auf Grund des § 52 Absatz 1 Satz 2 des Schulgesetzes NRW vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102), der zuletzt durch Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe a des Gesetzes vom 29. Mai 2020 (GV. NRW. S. 358) geändert worden ist, verordnet das Ministerium für Schule und Bildung mit Zustimmung des für Schulen zuständigen Landtagsausschusses:
§ 1
Zweck der Verordnung
Der Unterricht in den Schulen soll auch dann im größtmöglichen Umfang erteilt werden, wenn der Präsenzunterricht zeitweilig aufgrund eines epidemischen Infektionsgeschehens oder einer unmittelbar bevorstehenden oder bestehenden Extremwetterlage lokal, regional oder landesweit nicht oder nicht vollständig erteilt werden kann. Hierbei soll das Recht aller jungen Menschen auf schulische Bildung und individuelle Förderung gemäß § 1 des Schulgesetzes NRW vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102) in der jeweils geltenden Fassung auch durch eine geänderte Unterrichtsorganisation verwirklicht werden. Regelungen zu digitalen Unterrichtsformaten als integraler Bestandteil eines Bildungsgangs bleiben gemäß § 8 Absatz 2 und 3 des Schulgesetzes NRW der jeweiligen Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorbehalten.
§ 2
Präsenzunterricht, Distanzunterricht
(1) Der Unterricht wird in der Regel als Präsenzunterricht nach den Vorgaben der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen erteilt. Regelungen nach § 1 Satz 3 bleiben unberührt.
(2) Die Schulleiterin oder der Schulleiter entscheidet über die Einrichtung von Unterricht mit räumlicher Distanz in engem und planvollem Austausch der Lehrenden und Lernenden (Distanzunterricht). Distanzunterricht setzt voraus, dass Unterricht in Präsenz nicht oder nicht vollständig erteilt werden kann, weil
1. eine Extremwetterlage besteht oder unmittelbar bevorsteht,
2. Gründe des Infektionsschutzes auch nach Ausschöpfen aller Möglichkeiten dem entgegenstehen
oder
3. Lehrerinnen und Lehrer im Einzelfall aufgrund eines epidemischen Infektionsgeschehens nicht im Unterricht in Präsenz eingesetzt werden können, und auch kein Vertretungsunterricht erteilt werden kann.
(3) Der Distanzunterricht ist Teil des nach Absatz 1 vorgesehenen Unterrichts. Er dient dem Erreichen der schulischen Bildungs- und Erziehungsziele durch Vertiefen, Üben und Wiederholen sowie altersgemäß der Erarbeitung neuer Themen und der weiteren Entwicklung von Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Er ist inhaltlich und methodisch mit dem Präsenzunterricht verknüpft. Distanzunterricht ist Präsenzunterricht hinsichtlich der Zahl der wöchentlichen Unterrichtsstunden der Schülerinnen und Schüler sowie hinsichtlich der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte gleichwertig.
§ 3
Organisation des Distanzunterrichts
(1) Die Schulleiterin oder der Schulleiter richtet den Distanzunterricht im Rahmen der Unterrichtsverteilung ein und informiert die betroffenen Eltern und die betroffenen volljährigen Schülerinnen und Schüler, die Schulaufsichtsbehörde sowie den Schulträger darüber.
(2) Der Distanzunterricht beruht auf einem pädagogischen und organisatorischen Plan. Für den Distanzunterricht gelten die Unterrichtsvorgaben des für Schule zuständigen Ministeriums und die schuleigenen Unterrichtsvorgaben gemäß § 29 des Schulgesetzes NRW.
(3) Der Plan zur Organisation des Distanzunterrichts kann vorsehen, dass der Präsenzunterricht und der Distanzunterricht von unterschiedlichen Lehrkräften in gemeinsamer Verantwortung und enger Abstimmung erteilt werden.
(4) Soweit es notwendig ist, Präsenzunterricht und Distanzunterricht für einzelne Klassen, Kurse oder Jahrgangsstufen unterschiedlich aufzuteilen, berücksichtigt die Schule die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler, die stärker als andere auf Präsenzunterricht angewiesen sind, besonders in den Eingangsklassen der Primarstufe sowie den Eingangs- und Abschlussklassen der weiterführenden Schulen.
(5) Distanzunterricht kann aus den in § 2 Absatz 2 genannten Gründen auch für einzelne Schülerinnen und Schüler oder einen Teil der Schülerinnen und Schüler erteilt werden.
(6) Soweit die personellen und sächlichen Voraussetzungen vorliegen, soll Distanzunterricht digital erteilt werden. In diesem Fall nutzt die Schule hierzu gemäß § 8 Absatz 2 des Schulgesetzes NRW bereitgestellte Lehr- und Lernsysteme sowie Arbeits- und Kommunikationsplattformen in digitaler Form, zu denen alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer Zugang haben. Diese Nutzung von Lehr- und Lernsystemen und Arbeits- und Kommunikationsplattformen im Rahmen der Voraussetzungen nach Satz 1 ist nach Maßgabe des § 120 Absatz 5 Satz 2 des Schulgesetzes NRW für Schülerinnen und Schüler und nach Maßgabe des § 121 Absatz 1 Satz 2 des Schulgesetzes NRW für Lehrerinnen und Lehrer verpflichtend. Sofern der Distanzunterricht nicht digital erteilt werden kann, erhalten die Schülerinnen und Schüler im Rahmen der personellen und organisatorischen Möglichkeiten Aufgaben zur Bearbeitung in analoger Form.
(7) Soweit nötig, stellt die Schule den Schülerinnen und Schülern zur Sicherung eines chancengerechten und gleichwertigen Lernumfelds im Einvernehmen mit dem Schulträger Räume für den Distanzunterricht zur Verfügung.
§ 4
Zusammenarbeit der Schule mit den Eltern
(1) Die Schule informiert die Eltern über die Organisation des Distanzunterrichts.
(2) Der Plan zur Organisation des Distanzunterrichts ist so angelegt, dass alle Schülerinnen und Schüler außerhalb der Schule unbeschadet des § 3 Absatz 6 für den Distanzunterricht erreichbar sind.
(3) Die Eltern sorgen dafür, dass ihr Kind der Pflicht zur Teilnahme am Distanzunterricht nach § 6 Absatz 1 nachkommt.
§ 5
Aufgaben der Lehrerinnen und Lehrer
Die beteiligten Lehrkräfte gewährleisten die Organisation des Distanzunterrichts und die regelmäßige, dem Präsenzunterricht gleichwertige pädagogisch-didaktische Begleitung ihrer Schülerinnen und Schüler. Sie informieren die Schülerinnen und Schüler regelmäßig über die Lern- und Leistungsentwicklung. Besonders die Klassenlehrerinnen und Klassenlehrer, in den Berufskollegs die für die Koordination in den Bildungsgängen zuständigen Lehrerinnen und Lehrer, achten darauf, dass die Schülerinnen und Schüler durch den Distanzunterricht nicht stärker als durch einen vollständigen Präsenzunterricht gefordert sind.
§ 6
Teilnahme am Distanzunterricht, Leistungsbewertung
(1) Die Schülerinnen und Schüler erfüllen ihre Pflichten aus dem Schulverhältnis im Distanzunterricht im gleichen Maße wie im Präsenzunterricht.
(2) Die Leistungsbewertung erstreckt sich auch auf die im Distanzunterricht vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schülerinnen und Schüler. Die im Distanzunterricht erbrachten Leistungen werden in der Regel in die Bewertung der „Sonstigen Leistungen im Unterricht“ einbezogen. Leistungsbewertungen im Beurteilungsbereich „Schriftliche Arbeiten“ können ebenfalls auf Inhalte des Distanzunterrichts aufbauen.
(3) Klassenarbeiten, Klausuren und Prüfungen finden im Rahmen des Präsenzunterrichts statt. Daneben sind weitere in den Unterrichtsvorgaben vorgesehene und für den Distanzunterricht geeignete Formen der Leistungsüberprüfung möglich.
§ 7
Besondere Bestimmungen für das Berufskolleg
(1) Sofern an Berufskollegs für Bildungsgänge der Berufsschule, in Klasse 11 der Fachoberschule, der Berufsfachschulen, die zu Berufsabschlüssen nach Landesrecht führen und in Fachschulen im Fachbereich Sozialwesen, wenn diese in der praxisintegrierten Form durchgeführt werden, Unterrichtstage und -zeiten geändert werden müssen, teilt die Schule dies unverzüglich den Ausbildungsbetrieben, den Trägern berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen, der Agentur für Arbeit oder den Arbeitgebern sowie den sozialpädagogischen Einrichtungen oder Einrichtungen der Behindertenhilfe mit.
(2) Die Verantwortung der Eltern für die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler am Distanzunterricht erstreckt sich im Berufskolleg auch auf die Mitverantwortlichen für die Berufserziehung. Die Schule informiert auch sie über die Organisation des Distanzunterrichts.
§ 8
Ersatzschulen
Den Ersatzschulen wird empfohlen, nach dieser Verordnung zu verfahren, um das Recht ihrer Schülerinnen und Schüler auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung zu verwirklichen.
§ 9
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft und am
31. Juli 2030 außer Kraft.
Düsseldorf, den 14. November 2022
Die Ministerin für
Schule und Bildung
des Landes Nordrhein-Westfalen
Dorothee F e l l e r
ABl. NRW. 12/22