Die Fortbildungsmaßnahme richtet sich an Lehrkräfte und Bildungsgangteams aller Bildungsgänge der Anlagen A bis E der APO-BK in Nordrhein-Westfalen. Die Berufliche Bildung ist in besonderer Weise von der Digitalisierung und den dadurch sich verändernden Arbeits-, Produktions- und Geschäftsabläufen beeinflusst. Die Fortbildung zielt entsprechend auf die Weiterentwicklung der (digitalen Schlüssel-)Kompetenzen von Lehrkräften in den schulischen Handlungsfeldern. Sie unterstützt die diesbezügliche Fortschreibung didaktischer Jahresplanungen, die Entwicklung exemplarischer Lehr-/Lernarrangements und ermöglicht die spezifische Fortbildungsplanung im Bildungsgang. |
Zu BASS 20-22 Nr. 8
Fort- und Weiterbildung;
Strukturen und Inhalte
der Fort- und Weiterbildung
für das Schulpersonal (§§ 57 - 60 SchulG);
Änderung der Anlage 1
RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung
v. 16.12.2021 - 424 6.07.01-163527
Bezug:
RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 06.04.2014
(BASS 20-22 Nr. 8)
In Anlage 1 zum Bezugserlass wird Folgendes eingefügt:
„XIX
Integration digitaler Schlüsselkompetenzen
in die Berufliche Bildung
– Fortbildung zur Integration
digitaler Schlüsselkompetenzen
in Bildungsgänge des Berufskollegs in NRW
Die Fortbildungsmaßnahme richtet sich an alle Bildungsgänge der Anlagen der APO-BK in allen Fachbereichen.1
In rund 400 Berufskollegs werden in NRW von circa 25.000 Lehrkräften mehr als 540 000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet, darunter circa 310 000 Auszubildende in circa 300 Ausbildungsberufen an 226 Standorten - in Lernortkooperation mit den jeweiligen dualen Partnern in den Ausbildungsbetrieben der Region. Zusätzlich werden rund 200 000 Schülerinnen und Schüler in Vollzeit-Bildungsgängen unterrichtet (Angaben nach amtlichen Schuldaten 2019/20).
In den jeweiligen Bildungsgängen vermittelt das Berufskolleg den Schülerinnen und Schülern eine umfassende berufliche, gesellschaftliche und personale Handlungskompetenz und bereitet sie auf ein lebensbegleitendes Lernen vor. Es qualifiziert die Schülerinnen und Schüler, an zunehmend international geprägten Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft teilzunehmen und diese aktiv mitzugestalten.
Die Informations- und Kommunikationstechnologien verändern unseren Alltag grundlegend und stellen an Bildung und Wissen besondere Anforderungen. Für die Arbeitswelt sind Fähigkeiten erforderlich, komplexe Probleme wahrzunehmen und interdisziplinär zu lösen. Standardisierbare Prozesse hingegen werden zunehmend automatisiert. Die Informationsmenge sowie die Geschwindigkeit des technologischen und gesellschaftlichen Wandels erfordern grundlegende Orientierungsfähigkeit ebenso wie lebenslanges Lernen. Die steigende gesellschaftliche Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologien machen somit fortlaufende Anpassungen in allen Fachbereichen, auch im Sinne einer Stärkung überfachlicher Kompetenzen notwendig.
Die Berufliche Bildung wird in besonderer Weise von der Digitalisierung und den dadurch sich verändernden Arbeits-, Produktions- und Geschäftsabläufen beeinflusst. Kompetenzen zur Nutzung digitaler Arbeitsmittel und -techniken rücken stärker in den Fokus. Dieses bedingt neben dem Verständnis für digitale Prozesse die Notwendigkeit, die Auswirkungen auf arbeitsorganisatorische und kommunikative Aspekte bei vermehrt global vernetzten Produktions-, Liefer- und Dienstleistungsketten in den Blick zu nehmen.
Daher orientiert sich die vorliegende Fortbildungsmaßnahme an zwei Dimensionen von Transformationsprozessen:
- Digitalisierte Arbeitswelt
Dies dient als Sammelbegriff für unterschiedliche Technologien, denen Cyber-Physische Systeme (CPS) als komplexe Verbünde informatischer, mechanischer und elektronischer Komponenten zugrunde liegen, die durch das Internet miteinander kommunizieren. Die Kommunikation von Maschinen und Werkstücken untereinander (Internet der Dinge) sowie die Echtzeit-Auswertung zahlreicher, bisher unverknüpfter Daten (Big Data) beschreiben die Änderungen der Arbeitswelt durch zunehmende Automatisierung und den Einsatz Künstlicher Intelligenz.
- Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen an Berufskollegs
Der Einsatz digitaler Medien wird verbunden mit der Annahme, dass insbesondere die individuelle Förderung und das Lernen verbessert werden können.
Die Lehrkräfte erhalten Impulse, wie sie die für diese beiden Dimensionen erforderlichen digitalen Schlüsselkompetenzen „Medienkompetenz, Anwendungs-Know-How und informatische Grundkenntnisse“ integriert in umfassende Handlungskompetenz ermitteln und fördern können.
1 Ziele und Struktur
Diese Fortbildungsmaßnahme dient der Weiterentwicklung der Kompetenzen von Lehrkräften in den schulischen Handlungsfeldern (Unterrichten - Erziehen - Lernen und Leisten fördern - Beraten - Schule entwickeln). Sie unterstützt die Fortschreibung didaktischer Jahresplanungen, die Entwicklung exemplarischer Lehr-/Lernarrangements und damit die Fortbildungsplanung im Bildungsgang.
Sie richtet sich an Bildungsgangkoordinatorinnen und -koordinatoren beziehungsweise Fachleitungen für schulfachliche Aufgaben, an Teams beziehungsweise Lehrkräfte der Bildungsgänge und befähigt,
- bezogen auf veränderte berufliche Arbeits- und Geschäftsprozesse digitale Schlüsselkompetenzen zu identifizieren und diese gezielt bei der planvollen Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler in Lernsituationen beziehungsweise Lehr-/Lernarrangements einzubeziehen,
- bezogen auf den beruflichen Kontext Schüleraktivitäten im Unterricht durch selbstgesteuerte und eigenverantwortliche Lernprozesse in Auseinandersetzung mit digitalisierten Arbeits- und Lernprozessen zu fördern und sich dazu im Bildungsgang zu vereinbaren,
- in ihren Bildungsgängen digitale Schlüsselkompetenzen in den Lernsituationen beziehungsweise Lehr-/Lernarrangements systematisch im Rahmen der didaktischen Jahresplanungen zu integrieren und den veränderten Anforderungen entsprechend in der beruflichen Praxis zu aktualisieren.
Die Fortbildungsmaßnahme nimmt Bezug zu den in der Handreichung „Integration digitaler Schlüsselkompetenzen in die Berufliche Bildung“ dargestellten Modulen, aufgefächert in Inhaltsbereiche jeweils nach „Medienkompetenz, Anwendungs-Know-how und informatische Grundkenntnisse“. Diese unten aufgeführten Module und Inhaltsbereiche unterscheiden sich nach Fachbereich jeweils in ihrem Bezug zum beruflichen Kontext von Arbeits- und Geschäftsprozessen und zu beruflichen Kenntnissen der Bildungsgänge.
Module und Inhaltsbereiche
1. | Transformationsprozesse in Arbeit und Gesellschaft |
2. | Kooperation und Wissensmanagement |
3. | Informations- und Kommunikationstechnologien |
4. | Datenverarbeitung |
5. | Informationssicherheit |
6. | Systeme und Prozesse |
7. | Programmerstellung/Problemlösung |
Integrierend in Lernsituationen beziehungsweise Lehr-/Lernarrangements zu berücksichtigen sind für Transformationsprozesse bedeutsame Selbstkompetenzen beziehungsweise Selbstständigkeit und Sozialkompetenzen.
2 Durchführung
Ausgehend von den Änderungen in Berufswelt und Gesellschaft unterstützen handlungsorientierte Maßnahmen auch für Lehrkräfte in Berufskollegs die Entwicklung digitaler Kompetenzen, die im eigenen Unterricht erprobt und reflektiert werden.
Schulen beziehungsweise Bildungsgangteams mit ihren Lehrkräften wählen auf Basis einer didaktischen Analyse zur Ermittlung der konkreten Fortbildungsbedarfe aus den angebotenen Szenarien aus und kontraktieren die Ausgestaltung der Fortbildungstage bezogen auf den jeweiligen Fortbildungsbedarf von Teams beziehungsweise von Lehrkräften in den Bildungsgängen.
Die Szenarien sind einzeln oder in Kombination wählbar und ermöglichen durch ihre optionalen Inhaltsbereiche eine Differenzierung nach berufsspezifischen Anforderungen sowie nach individuellen Vorkenntnissen.
Die Durchführung wird moderationsgestützt realisiert:
- Moderatorinnen und Moderatoren mit Felderfahrung im Berufskolleg werden nach Fachbereichen eingesetzt und stehen zur Prozessklärung der curricularen Anforderung, der jeweiligen Ausgangslage im Bildungsgang und der Beschreibung des Fortbildungsbedarfs in der Einzelschule zur Verfügung (mit landesweit abgestimmten Instrumenten).
- Zur Qualitätssicherung bei spezifischen Anfragen bezüglich des schulischen Medienkonzepts werden im Moderationsteam die Expertisen von Fachmoderation (= Felderfahrung der Schulform/des Fachbereichs) und Prozessmoderation zu digitalen Schlüsselkompetenzen verknüpft.
- Schulentwicklungsberater/-innen können zur prozessbegleitenden Unterstützung bildungsgangübergreifend auf Wunsch der Schule einbezogen werden.
- Externe Referentinnen und Referenten werden je nach Themengebiet - in Kooperation mit den moderatorengestützten Fortbildungsangeboten - nach den Vorgaben des Landes eingebunden, um die Lernortkooperation zu intensivieren und aktuelle betriebliche Entwicklungen für die Schule nutzbar zu machen.
Die konkrete Fortbildungsgestaltung orientiert sich an den Phasen der Bildungsgangentwicklung (Analyse von Arbeits- und Geschäftsprozessen, didaktisch-methodische Auswahl von Medien und berufsspezifischen Werkzeugen, Erprobung im Unterricht, Reflexion und Austausch guter Praxis auch zwischen Schulen mit gleichen Bildungsgängen).
Im Rahmen dieser Fortbildungsmaßnahme ist moderatorengestützte Unterstützung in verschiedenen Szenarien im Rahmen der verfügbaren Ressourcen abrufbar:
A. Bildungsgangübergreifendes Szenario je Fachbereich
Szenario 1: Transformationsprozesse und Arbeit und Gesellschaft (Bezug in schulischen Handlungsfeldern „Beraten“ - „Schule entwickeln“)
Zielgruppe: Fortbildungskoordinatoren/-innen, Bildungsgangkoordinatoren/-innen beziehungsweise Fachleitungen für schulfachliche Aufgaben beziehungsweise Einzellehrkräfte je Fachbereich in schulexterner Fortbildung (gegebenenfalls optional als Blended Learning)
Merkmal: Darstellung der jeweiligen zentralen Transformationsprozesse und der relevanten digitalen Schlüsselkompetenzen als Grundlage der didaktischen Analysen im Bildungsgang - Bearbeitung der erweiterten Aufgaben der Bildungsgangkoordination angesichts der digitalen Transformationsprozesse und entsprechender Rahmenbedingungen.
Zeit: entsprechend den fortbildungsfachlichen Standards mindestens 20 Stunden (inklusive Rückkopplung) schulextern mit Unterstützung über digitale Arbeitsplattformen (Blended Learning optional)
Dieses bildungsgangübergreifende Szenario kann die Funktion einer Auftaktveranstaltung übernehmen und zur schulischen Nutzung der didaktischen Handhabung der Module 1-7 (als Orientierung für die Bildungsgang-Arbeit) beitragen.
B. Bildungsgangbezogene Szenarien im Fachbereich
Szenario 2: Digitale Schlüsselkompetenzen im Bildungsgang identifizieren: Konsequenzen für Didaktische Jahresplanung und Fortbildungsplanung (Bezug in schulischen Handlungsfeldern, hier insbesondere „Schule entwickeln“)
Zielgruppe: Einzelpersonen beziehungsweise Bildungsgangkoordinatoren/-innen beziehungsweise Fachleitungen für schulfachliche Aufgaben, gegebenenfalls Fortbildungskoordinatoren/-innen in schulexterner Fortbildung (gegebenenfalls optional als Blended Learning)
Merkmal: Verortung in der Didaktischen Jahresplanung unterstützen und die Aufgaben der Bildungsgangkoordination stärken, rechtliche Rahmenbedingungen je Fachbereich einbeziehen und als Ausgestaltung der Lernortkooperation mit den dualen Partnern zusammenarbeiten, gegebenenfalls Vorstellung des Tools Didaktischer Wizard-Online, mit dem neue Möglichkeiten der Kompetenzzuordnungen reflektiert werden können.
Zeit: entsprechend der fortbildungsfachlichen Standards in der Regel bis zu 20 Stunden - gegebenenfalls als moderatorengestützte Fortbildung in Fortbildungsverbünden
(= Zusammenschluss mehrerer Teilkollegien realisiert schulintern an einem der beteiligten Berufskollegs)
Szenario 3: Förderung von individuellem und selbstständigem Lernen über das Lernen und Lehren mit digitalen Medien - konkret Lernkompetenzen und überfachliche Kompetenzen im Transformationsprozess stärken (hier: Bezug in schulischen Handlungsfeldern „Unterrichten“ - „Erziehen“ - „Lernen und Leisten fördern“ - „Schule entwickeln“)
Zielgruppe: Teilkollegium/Teams eines beziehungsweise ähnlicher Bildungsgänge der Einzelschule (Auswahl je Passung der beruflichen Kontexte im Fachbereich)
Merkmal: Für den Transformationsprozess wesentliche Selbst- und Sozialkompetenzen werden über die informatorischen Grundkenntnisse zu Kooperation/Wissensmanagement beziehungsweise Nutzung von Informations- und Kommunikationsprozessen für die Einbeziehung in die Didaktische Jahresplanung je schulinterner Kontraktierung im Bildungsgang moderativ unterstützt oder vergleichbar je Fachbereich schulextern angeboten, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Medienberatung und/oder dualen Partnern in Lernortkooperation.
Zeit: maximal 20 Stunden schulintern innerhalb eines Schulhalbjahres (beziehungsweise insgesamt bis zu 60 Stunden innerhalb eines Schuljahres) entsprechend den fortbildungsfachlichen Standards unterstützt über digitale Arbeitsplattformen (oder als moderationsgestütztes Online-Forum oder als Blended Learning Angebot).
Szenario 4: Förderung digitaler Schlüsselkompetenzen des jeweiligen Transformationsprozesses mit erforderlicher fachlicher Tiefe zu Wissensmanagement/Kooperation, Gestaltung der Systeme und Prozesse sowie Programmerstellung und Problemlösung
Zielgruppe: Teams aus Bildungsgängen beziehungsweise gleichen Bildungsgängen verschiedener Berufskollegs und Verantwortlichen zur Bildungsgangkoordination
Merkmal: Exemplarische Bearbeitung digitaler Schlüsselkompetenzen zum lernförderlichen Einsatz umfassender ERP-Systeme und anderer Fachanwendungen beziehungsweise bei Programmerstellung/-lösung mit externen Partnern zur Förderung der je nach beruflichem Kontext erforderlichen digitalen Schlüsselkompetenzen, die in gemeinsamen Arbeitsprozessen als Impulse für die Bildungsgangarbeit gebündelt werden. Grundlage ist Kontraktierung zur je Bildungsgang erforderlichen Bearbeitungstiefe.
Zeit: Auswahl verschiedener Themen je 20 Stunden - insgesamt bis zu 60 Stunden innerhalb eines Schuljahres schulintern oder -extern mit Bildungsgang-Teams je Fachbereich - unterstützt durch digitale Arbeitsplattformen (oder als moderationsgestütztes Online-Forum oder als Blended Learning Angebot).
3 Qualitätssicherung
Das Ministerium für Schule und Bildung koordiniert und evaluiert die Maßnahmen mit den Bezirksregierungen durch jährliche Abstimmung und Priorisierung der Schwerpunkte.
Dabei übernehmen Vertreterinnen und Vertreter der Schulformaufsicht vorbereitende konzeptionelle und koordinierende Aufgaben, wie Veröffentlichung ausgewählter Unterrichtsbeispiele/Lernsituationen, Mitwirkung bei Prüfungserstellung beziehungsweise deren unterrichtlicher Vorbereitung sowie Unterstützung bei Lernortkooperationen und Hochschulen.
In Verantwortung der Lehrerfortbildung in den Bezirksregierungen werden Wirksamkeit und Nachhaltigkeit in landesweit abgestimmten Verfahren entsprechend den fortbildungsfachlichen Standards evaluiert.“
ABl. NRW. 01/22
1 Die Festlegungen dieses Erlasses beziehen sich auf folgende Grundlagenpapiere:
Agenda zur Stärkung der Beruflichen Bildung in den Handlungsfeldern 1 „Globalisierungs- und Transformationsprozesse durch Digitalisierung in der Beruflichen Bildung umsetzen“ sowie im Handlungsfeld 4 „Lehrkräfteaus- und -fortbildung für leistungsfähige Berufskollegs verstetigen“
Pragmatische Handreichung für die Fachklassen des dualen Systems mit Einleger
Handreichung zur Erstellung eines Medienkonzepts für Berufskollegs in NRW
Lehrkräfte in der digitalisierten Welt - Orientierungsrahmen für die Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung in NRW vom 22.01.2020
Handreichung zur Integration digitaler Schlüsselkompetenzen in die Berufliche Bildung („digital_INFORM“)