Dieser Erlass des MI ist am 25.09.2019 in Kraft getreten. Ergänzende und erläuternde Hinweise für den Bereich der schwerbehinderten Lehrkräfte sind in Bearbeitung. |
Richtlinie
zur Durchführung der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen (SGB IX)
im öffentlichen Dienst im Land Nordrhein-Westfalen
Runderlass des Ministeriums des Innern
v. 11.09.2019 (MBl. NRW. 19/19 S. 418)
I.
Die Landesregierung hat in ihrer Sitzung am 9. Juli 2019 folgende Grundsätze beschlossen, die ich mit der Bitte um Beachtung bekannt gebe:
1. Allgemeines
2. Geschützter Personenkreis
3. Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung von Interessen der schwerbehinderten Menschen
4. Beschäftigungspflicht
5. Einstellung
6. Personalaktenführung
7. Ausbildung und Prüfung
8. Beschäftigung
9. Barrierefreiheit
10. Einzelregelungen zum Ausgleich der Behinderung
11. Arbeitsplatzwechsel
12. Beurteilung
13. Fortbildung
14. Berufsförderung
15. Prävention und betriebliches Eingliederungsmanagement
16. Rehabilitation
17. Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
18. Schwerbehindertenvertretung
19. Inklusionsvereinbarung
1 Allgemeines
1.1 Eingliederung
Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 18. April 2019 (BGBl. I S. 473) - im Folgenden SGB IX - geändert worden ist, bezweckt insbesondere die Förderung der Eingliederung schwerbehinderter Menschen und unterstützt das Bemühen, sie in ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechend zu beschäftigen, in ihrem beruflichen Fortkommen zu fördern und ihre Beschäftigung durch notwendige Präventionsmaßnahmen zu sichern. Dabei wird den besonderen Bedürfnissen schwerbehinderter Frauen Rechnung getragen. Soweit in dieser Richtlinie Vorschriften des SGB IX zitiert werden, handelt es sich um Regelungen des SGB IX in der am Tag der Veröffentlichung dieses Runderlasses geltenden Fassung. Durch die Richtlinie zur Durchführung der Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung (SGB IX) im öffentlichen Dienst im Land Nordrhein-Westfalen - im Folgenden Richtlinie - wird die besondere Fürsorge und Förderungspflicht des Landes als Dienstherr und Arbeitgeber gegenüber schwerbehinderten Beschäftigten konkretisiert. Insbesondere soll durch sie die Einstellung arbeitsloser schwerbehinderter Menschen gefördert werden. Daher ist die Richtlinie nicht nur Arbeits- und Informationsunterlage, sondern zusätzlich eine für die Anwenderinnen und Anwender verbindliche Vorschrift zur Auslegung und Ergänzung der gesetzlichen Bestimmungen. Unabhängig vom SGB IX ist das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), das zuletzt durch Artikel 8 des Gesetzes vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610) - im Folgenden AGG - geändert worden ist, das Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen vom 16. Dezember 2003 (GV. NRW. S. 766), das zuletzt durch das Gesetz vom 11. April 2019 (GV. NRW. S. 207) - im Folgenden BGG NRW - geändert worden ist, und das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. Dezember 2006 (BGBl. II 2008 S. 1419) (UN Behindertenrechtskonvention) zu beachten. Unbenommen davon sind alle übrigen gesetzlichen Vorschriften zu beachten, die den Umgang mit schwerbehinderten und behinderten Menschen regeln.
1.2 Geltungsbereich
Diese Richtlinie gilt für die Dienststellen des Landes. Dienststellen im Sinne der Richtlinie sind die Behörden, Einrichtungen und Betriebe des Landes sowie die Hochschulen (Universitäten einschließlich der Fachhochschulen) und die Organe der Rechtspflege (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Vollzugsanstalten und Gnadenstellen). Das Land wird sich aus seiner besonderen Fürsorgepflicht heraus dafür einsetzen, dass diese Richtlinie auch für Träger der genehmigten oder vorläufig erlaubten und der Aufsicht des Landes unterstehenden Ersatzschulen sowie für Beteiligungsgesellschaften des Landes als auch bei Veräußerungen oder Privatisierungen solcher Ersatzschulen oder Beteiligungsgesellschaften übernommen wird. Wird der Begriff „Dienstherr“ benutzt, betrifft die Regelung grundsätzlich auch den Bereich, in dem das Land Nordrhein-Westfalen als Arbeitgeber angesprochen ist. Personalvertretung im Sinne dieser Richtlinie sind alle nach dem Landespersonalvertretungsgesetz vom 3. Dezember 1974 (GV. NRW. S. 1514), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden LPVG NRW - sowie nach dem Richter- und Staatsanwältegesetz vom 8. Dezember 2015 (GV. NRW. S. 812), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden LRiStaG NRW - zu bildenden Personalvertretungen. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, entsprechend zu verfahren.
1.3 Durchführung der Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen
Die Inklusionsämter bei den Landschaftsverbänden, die die Aufgaben der Integrationsämter nach dem SGB IX wahrnehmen, die Integrationsfachdienste, die örtlichen Fachstellen für schwerbehinderte Menschen im Arbeitsleben, die Agenturen für Arbeit einschließlich der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn und die Arbeitsgemeinschaften beziehungsweise die zugelassenen kommunalen Träger unterstützen die Dienststellen bei der Durchführung der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen am beruflichen Leben und setzen diese Regelungen in enger Zusammenarbeit um. Hierzu stehen insbesondere differenzierte behinderungsspezifische Beratungsangebote als auch finanzielle Förderungsmöglichkeiten aus Mitteln der Ausgleichsabgabe zur Verfügung.
1.4 Schulungspflicht
Damit die gesetzlichen Fürsorge- und Förderungspflichten sachdienlich und wirkungsvoll erfüllt werden können, müssen sich alle für Personalangelegenheiten zuständigen Beschäftigten sowie alle Vorgesetzten mit den Vorschriften des SGB IX und sonstigen einschlägigen Bestimmungen vertraut machen. Jede zugunsten der schwerbehinderten Menschen getroffene Bestimmung ist großzügig anzuwenden, ein eingeräumtes Ermessen ist großzügig auszuüben. Das SGB IX und ergänzende Regelungen sind regelmäßig in Fortbildungsveranstaltungen zu behandeln.
2 Geschützter Personenkreis
2.1 Definition Personenkreis
Schwerbehinderte Menschen im Sinne dieser Richtlinie sind die schwerbehinderten und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen nach den Vorschriften des SGB IX. Für behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30, die nicht Gleichgestellte im Sinne des § 151 SGB IX sind, soll im Einzelfall geprüft werden, ob besondere, der Behinderung angemessene Fürsorgemaßnahmen im Sinne dieser Richtlinie in Betracht kommen.
Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber im Sinne der Richtlinie sind auch gleichgestellte behinderte Bewerberinnen und Bewerber, soweit diese gesetzlich nicht ausgenommen sind.
Beschäftigte im Sinne der Richtlinie sind Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte des Landes Nordrhein-Westfalen.
Soweit die Begrifflichkeit Beamtinnen und Beamte verwendet wird, umfasst diese gleichzeitig Richterinnen, Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.
2.2 Nachweis der Schwerbehinderteneigenschaft
Als Nachweis der Schwerbehinderung dient der Ausweis im Sinne des § 152 Absatz 5 SGB IX. In Ausnahmefällen kann der Nachweis auch durch Vorlage von Bescheiden, amtlichen Bescheinigungen, Gerichtsentscheidungen und Ähnlichem erbracht werden. Als Nachweis der Gleichstellung gilt die Feststellung der Agentur für Arbeit.
2.3 Hilfe bei der Antragstellung
Beschäftigte, die eine Antragstellung als schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Menschen beabsichtigen, können hierbei die Hilfestellung der Schwerbehindertenvertretung beanspruchen. Wenn ein solcher Antrag gestellt wurde, ist zu empfehlen, die Dienststelle hiervon schriftlich zu unterrichten. Bis zur Entscheidung über den Antrag sind sie unter Vorbehalt als schwerbehinderte oder als gleichgestellte behinderte Menschen zu behandeln. Ist die Schwerbehinderung offenkundig, entfällt der Vorbehalt.
2.4 Grenzen des Schwerbehindertenschutzes
Der Schwerbehindertenschutz endet mit Erlöschen des gesetzlichen Schutzes gemäß § 199 Absatz 1 und 2 SGB IX oder bei befristeter Gleichstellung mit Ablauf der Frist nach § 151 Absatz 2 Satz 3 SGB IX, für die zeitweilige Dauer der Entziehung des Schwerbehindertenschutzes gemäß § 200 SGB IX.
Erlöschen und Entzug des Schwerbehindertenschutzes sind von den Beschäftigten der Dienststelle mitzuteilen. Sämtliche Nachteilsausgleiche gelten in der Nachwirkungsfrist des § 199 Absatz 1 SGB IX zugunsten der schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen weiter.
2.5 Hinweispflicht bei Erlöschen des Schwerbehindertenschutzes
Führen dienstliche Maßnahmen zum Erlöschen, zur Entziehung oder zur Einschränkung des Schwerbehindertenschutzes, zum Beispiel bei Auslandseinsätzen, sind die schwerbehinderten Menschen darauf hinzuweisen.
3 Zusammenarbeit bei der Wahrnehmung
von Interessen der schwerbehinderten Menschen
3.1 Inklusionsbeauftragte des Arbeitgebers
Bei allen Dienststellen sind Inklusionsbeauftragte des Arbeitgebers gemäß §181 SGB IX zu bestellen, auch wenn keine Schwerbehindertenvertretung besteht. Die Inklusionsbeauftragte beziehungsweise der Inklusionsbeauftragte des Arbeitgebers sollen nach ihrer Bestellung an Schulungsmaßnahmen der Inklusionsämter oder an vergleichbaren Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen. Sie achten vor allem darauf, dass dem Arbeitgeber obliegende Verpflichtungen erfüllt werden.
3.2 Zusammenarbeit innerhalb der Behörden
Im Interesse schwerbehinderter Menschen ist eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Schwerbehindertenvertretung, Personalvertretung, Gleichstellungsbeauftragten oder Dienststellenleitung und den Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers zu gewährleisten. Dies gilt auch für die Zusammenarbeit mit den übrigen in § 182 SGB IX genannten Stellen. Dabei genügt nicht ein Verweis auf andere Informationsquellen, wie beispielsweise die Personalratssitzungen, vielmehr ist der Anspruch durch regelmäßige Zusammenkünfte mit der Dienststellenleitung beziehungsweise den Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers zu erfüllen.
3.3 Unterrichtungs- und Anhörungspflicht
Bei allen Angelegenheiten der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Sinne von § 178 Absatz 2 SGB IX sind die Schwerbehindertenvertretungen unverzüglich und umfassend zu unterrichten. Darüber hinaus ist die Schwerbehindertenvertretung vor einer Entscheidung, die nach § 178 Absatz 2 SGB IX einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, anzuhören. Hierzu gehört insbesondere das Recht auf Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor dem Erlass einer Disziplinarverfügung beziehungsweise vor der Erhebung einer Disziplinarklage sowie vor einer vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen. Keine Entscheidungen im Sinne des Satzes 2 sind beispielsweise dienstliche Beurteilungen oder die Einleitung von Disziplinarverfahren. Die Pflicht, in diesen Fällen gemäß Satz 1 die Schwerbehindertenvertretung zu unterrichten, bleibt unberührt. Hinsichtlich der Beteiligung bei dienstlichen Beurteilungen sind die Regelungen unter Nummer 12 der Richtlinie zu beachten. Soweit Personalführungsmaßnahmen und Personalentscheidungen delegiert werden, ist sicherzustellen, dass die Beteiligungsrechte der Schwerbehindertenvertretung gewahrt bleiben.
3.4 Beteiligungsrechte
Bei Angelegenheiten im Sinne der §§ 72 bis 77 LPVG NRW, die alle Beschäftigten einer Dienststelle betreffen, ist § 178 Absatz 2 SGB IX zu beachten. In Zweifelsfällen ist die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen sich die Zuständigkeit gemäß § 78 LPVG NRW ergibt.
Bei Angelegenheiten, die für die Beschäftigten mehrerer Ressorts von allgemeiner Bedeutung sind und die schwerbehinderten Beschäftigten als Gruppe berühren, wird der jeweils zuständigen Hauptschwerbehindertenvertretung empfohlen, die übrigen betroffenen Hauptschwerbehindertenvertretungen anzuhören.
3.5 Unterrichtung Personalvertretungen
Mitteilungen an die Personalvertretungen über beabsichtigte Maßnahmen, die schwerbehinderte Menschen betreffen, müssen einen Hinweis auf die Eigenschaft als schwerbehinderte oder gleichgestellte behinderte Menschen enthalten.
3.6 Ordnungswidrigkeiten
Die vorsätzliche oder fahrlässige Nichtbeachtung eines der in § 238 SGB IX aufgeführten Tatbestände stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Alle mit Schwerbehindertenangelegenheiten befassten Beschäftigten, besonders die Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers, haben darauf zu achten, dass keine Ordnungswidrigkeiten im Sinne von § 238 SGB IX begangen werden.
4 Beschäftigungspflicht
4.1 Pflicht zur Beschäftigung
Die Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen trifft gemäß § 154 SGB IX in vollem Umfang auch Arbeitgeber der öffentlichen Hand und damit alle Dienststellen. Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen. Auf die Verpflichtung, gerade auch besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 Nummer 1 und 2 SGB IX zu beschäftigen sowie Ausbildungsplätze gemäß § 155 Absatz 2 SGB IX mit diesen schwerbehinderten Menschen zu besetzen, wird ausdrücklich hingewiesen. Dabei ist zu beachten, dass ein schwerbehinderter Mensch bei der beruflichen Ausbildung auf zwei Pflichtplätze angerechnet wird. Gleiches gilt bei Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis im Anschluss an die Ausbildung für die Dauer des ersten Beschäftigungsjahres gemäß § 159 Absatz 2 SGB IX. Derartige Arbeitsplätze sind nach Möglichkeit zu erhalten oder nach Möglichkeit entsprechende neue zu schaffen.
4.2 Berufsausbildung
Während der Zeit einer Berufsausbildung sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene, deren Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder für die ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist, schwerbehinderten Menschen gemäß § 151 Absatz 4 SGB IX gleichgestellt. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Inklusionsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung.
4.3 Übererfüllung der Mindestquote
Wegen der sozialpolitischen Bedeutung des gesetzlichen Auftrages ist es dringend erforderlich, dass geeignete Bewerberinnen und Bewerber über die Mindestquote hinaus eingestellt werden. Dadurch wird es ermöglicht, die unterschiedlichen Bedingungen der Dienststellen innerhalb eines Geschäftsbereiches und der einzelnen Geschäftsbereiche im Hinblick auf die Erfüllung der Mindestquote auszugleichen. Wird die Mindestbeschäftigungsquote nicht erreicht, vergeben - soweit rechtlich und tatsächlich möglich - die Dienststellen der Geschäftsbereiche Aufträge an Werkstätten für behinderte Menschen und Blindenwerkstätten in möglichst großem Umfang, mindestens 50 Prozent des entsprechenden Bedarfs, damit das Land insoweit keine Ausgleichsabgabe zahlen muss. Auf den gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie, des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales, des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und des Ministeriums der Finanzen „Berücksichtigung von Werkstätten für behinderte Menschen und von Inklusionsbetrieben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ vom 29. Dezember 2017 (MBl. NRW. 2018 S. 22), in der jeweils geltenden Fassung, wird hingewiesen.
5 Einstellung
5.1 Einstellungsverfahren
Die Verpflichtung zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen entbindet den Dienstherrn nicht von der Pflicht, schwerbehinderte Menschen gemäß § 205 SGB IX zu beschäftigen.
5.2 Prüfungspflicht bei Einstellung
§ 164 SGB IX verpflichtet den Dienstherrn unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit, der Arbeitsgemeinschaft oder den zugelassenen kommunalen Trägern als arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Für öffentliche Arbeitgeber ist zusätzlich die Vorschrift des § 165 SGB IX zu beachten.
Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Ausbildungsverhältnisse der schwerbehinderten Menschen und der gleichgestellten behinderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Sinne von § 151 Absatz 4 SGB IX.
5.3 Verfahrensschritte
Bei dieser Prüfung ist wie folgt zu verfahren:
5.3.1 Hinweispflicht
In allen Stellenausschreibungen ist darauf hinzuweisen, dass die Bewerbung schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter behinderter Menschen erwünscht ist. Bei Bewerbungen ist zu prüfen, ob sie von schwerbehinderten Menschen stammen. In Zweifelsfällen sind entsprechende Rückfragen zu halten mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass Bewerbungen schwerbehinderter Menschen erwünscht sind. Der Bewerbung soll ein Gleichstellungsbescheid beigefügt werden.
5.3.2 Anfrage- und Beteiligungspflicht
Unbeschadet einer Stellenausschreibung ist in jedem Fall unter Beschreibung der Stellenanforderungen bei der für die Einstellungsbehörde zuständigen Agentur für Arbeit, der Arbeitsgemeinschaft oder dem zugelassenen kommunalen Träger - bei allen akademischen Berufen zusätzlich bei der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung in Bonn - schriftlich anzufragen, ob geeignete schwerbehinderte Menschen gemeldet sind. Das Verfahren kann zwischen den Einstellungsbehörden und den Agenturen für Arbeit, den Arbeitsgemeinschaften oder den zugelassenen kommunalen Trägern näher geregelt werden. Die Schwerbehindertenvertretung ist zu beteiligen. Die Schwerbehindertenvertretung und die Personalvertretung erhalten gleichzeitig je eine Kopie der Anfrage. Die Schwerbehindertenvertretung ist auch dann bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen zu beteiligen, wenn zum Zeitpunkt der Bewerbung keine freien Stellen für eine Einstellung zur Verfügung stehen.
5.3.3 Erörterung unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung
Liegen keine Bewerbungen schwerbehinderter Menschen vor, sind die Schwerbehindertenvertretung und die Personalvertretung darüber zu unterrichten. Wenn Bewerbungen schwerbehinderter Menschen vorliegen, sind diese mit der Schwerbehindertenvertretung zu erörtern. Die Schwerbehindertenvertretung hat gemäß § 178 Absatz 2 SGB IX das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen. Die Vorlage vergleichender Übersichten erfüllt diesen Anspruch nicht. Damit die Schwerbehindertenvertretung eine begründete Stellungnahme abgeben kann, ist sie im erforderlichen Umfang auch über die Eignung der nicht behinderten Bewerberinnen und Bewerber zu unterrichten.
5.3.4 Teilnahme am Vorstellungstermin
Kommen einzelne schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber nach übereinstimmender Auffassung von Dienststelle und Schwerbehindertenvertretung für die freie Stelle nicht in Betracht, weil ihnen offensichtlich die fachliche Eignung fehlt, kann von ihrer Teilnahme an einem Vorstellungstermin abgesehen werden. Alle übrigen schwerbehinderten Menschen sind zu den Vorstellungsgesprächen einzuladen. Die Schwerbehindertenvertretung hat das Recht an allen Vorstellungs-, Abschluss- und Entscheidungsgesprächen auch mit nicht behinderten Bewerberinnen und Bewerbern teilzunehmen.
5.3.5 Leistungsnachweise
Sind für die Einstellung Eignungstests oder andere Leistungsnachweise vorgesehen, müssen schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber rechtzeitig darauf hingewiesen werden, dass ihnen auf Antrag entsprechend der Art und dem Umfang der Behinderung Erleichterungen eingeräumt werden können. Die Erleichterungen sind unter Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung festzulegen. Behinderungsbedingte Einschränkungen dürfen gemäß § 164 Absatz 2 SGB IX schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern nicht zum Nachteil gereichen.
5.3.6 Mitbestimmungsverfahren
Hat sich die Dienststelle für eine Bewerberin beziehungsweise einen Bewerber entschieden, unterrichtet sie die Schwerbehindertenvertretung und leitet das Mitbestimmungsverfahren nach dem Landespersonalvertretungsgesetz beziehungsweise nach dem Landesrichter- und Staatsanwältegesetz ein. Eine von der Schwerbehindertenvertretung abgegebene Stellungnahme ist beizufügen. Die Schwerbehindertenvertretung ist zu einer Stellungnahme berechtigt, aber nicht verpflichtet. Dienststelle und Schwerbehindertenvertretung haben sich über eine Frist, innerhalb der eine Stellungnahme abgegeben werden kann, zu verständigen. Nach Ablauf der vereinbarten Frist ist die Anhörungspflicht gemäß § 178 Absatz 2 Satz 1, 1. Halbsatz SGB IX erfüllt. Die Mitteilungspflicht nach dem 2. Halbsatz bleibt unberührt. Führt eine nachgeordnete Dienststelle ein Personalvorauswahlverfahren durch, ist ihre Schwerbehindertenvertretung entsprechend den Nummern 5.3.1 bis 5.3.6 dieser Richtlinie zu beteiligen. Ihre Stellungnahme ist dem Personalvorschlag beizufügen. Die Verpflichtung zur Beteiligung der Bezirks- beziehungsweise der Hauptschwerbehindertenvertretung bleibt unberührt. Die Schwerbehindertenvertretung ist nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch gemäß § 164 Absatz 1 Satz 10 SGB IX die Beteiligung ausdrücklich ablehnt.
5.3.7 Interne Stellenbesetzung
Die Nummern 5.3.3 bis 5.3.6 dieser Richtlinie finden sinngemäß auch bei internen Stellenbesetzungsverfahren Berücksichtigung.
5.4 Vorzug bei gleicher Eignung
Schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern im Sinne von Nummer 2.1 dieser Richtlinie ist vorbehaltlich anderer gesetzlicher Regelungen bei sonst gleicher Eignung vor nicht schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern der Vorzug zu geben. Zusätzliche Einstellungserleichterungen zugunsten von schwerbehinderten Menschen als Beamtinnen und Beamte oder Richterinnen und Richter ergeben sich bei den zu erfüllenden Mindestanforderungen an die gesundheitliche Eignung aus § 13 Absatz 1 der Laufbahnverordnung vom 21. Juni 2016 (GV. NRW. S. 461), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden LVO genannt - und beim Höchstalter - das 45. Lebensjahr - aus § 14 Absatz 6 des Landesbeamtengesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310, ber. S. 642), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden LBG NRW. Dabei ist zu beachten, dass das Höchstalter auch alternativ gemäß § 14 Absatz 5 LBG NRW errechnet werden kann, sofern bei den schwerbehinderten Bewerberinnen und Bewerbern Verzögerungstatbestände im Sinne des § 14 Absatz 5 LBG NRW vorliegen und sie sich in Anrechnung dieser Verzögerungszeiten günstiger stellen würden.
5.4.1 Mindestmaß körperlicher Eignung
Im Hinblick auf § 211 SGB IX ist das erforderliche Mindestmaß körperlicher Eignung bereits dann als gegeben anzusehen, wenn schwerbehinderte Menschen nur bestimmte Dienstposten ihrer Laufbahn wahrnehmen können. Dabei sind Möglichkeiten der behinderungsgerechten und barrierefreien Arbeitsplatzgestaltung, wie zum Beispiel mit technischen Arbeitshilfen nach dem SGB IX auszuschöpfen.
5.4.2 Beamtenverhältnis
Schwerbehinderte Menschen können auch dann in das Beamtenverhältnis eingestellt werden, wenn als Folge ihrer Behinderung eine vorzeitige Dienstunfähigkeit möglich ist. Die Bewerberinnen und Bewerber sind jedoch auf die Vorschrift des § 4 Absatz 1 Nummer 1 des Landesbeamtenversorgungsgesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 310), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden LBeamtVG NRW - sowie die mit einem Ausscheiden vor Ablauf einer fünfjährigen Dienstzeit verbundenen Folgen hinzuweisen. Diese Regelungen gelten auch für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit.
5.5 Maßnahmen bei Einstellungszusage
Bereits mit der Einstellungszusage sind für schwerbehinderte Menschen unter Beteiligung der Vertrauensperson die erforderlichen Maßnahmen für eine behindertengerechte Arbeitsplatzgestaltung einzuleiten, sofern sie zumutbar sind.
6 Personalaktenführung
Nachweise über die Schwerbehinderung nach § 152 Absatz 5 SGB IX oder die Gleichstellung gemäß § 2 SGB IX sind mit den notwendigen Angaben in die Personalakte aufzunehmen. Die Personalakten dieser Menschen sind in geeigneter Weise zu kennzeichnen.
7 Ausbildung und Prüfung
Im Rahmen der geltenden Vorschriften sind das Ausbildungsverhältnis und der Vorbereitungsdienst unter Beteiligung der Vertrauenspersonen schwerbehinderter Menschen so zu gestalten, dass schwerbehinderte Menschen die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erwerben können, ohne dass sie infolge ihrer Behinderung unzumutbar belastet werden. Nummer 5.5 dieser Richtlinie gilt entsprechend.
7.1 Anpassung von Prüfungsverfahren
Bei Prüfungen können sich für schwerbehinderte Menschen besondere Härten im Vergleich mit nicht behinderten Beschäftigten ergeben. Zum Ausgleich solcher Härten werden im Rahmen der jeweiligen rechtlichen Vorgaben schwerbehinderten Menschen die ihrer Schwerbehinderung angemessenen Prüfungserleichterungen gewährt. Bei Prüfungsverfahren muss durch die Wahl der Methode oder spezielle Hilfen gesichert werden, dass die Leistungen von den schwerbehinderten Menschen erbracht und nachgewiesen werden können. Erforderlichenfalls sind sachverständige Stellen, zum Beispiel Fachdienste der Inklusionsämter oder Integrationsfachdienste einzuschalten. Das gilt für Eignungs-, Zwischen-, Aufstiegs-, Laufbahn- und verwaltungsinterne Prüfungen sowie für sonstige Auswahlverfahren und Aufsichtsarbeiten während der Ausbildung.
7.1.1 Erleichterungen
Soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, kommen unter anderem folgende Möglichkeiten als Prüfungserleichterung in Betracht:
1. Verlängerung der Frist zur Abgabe schriftlicher Arbeiten,
2. Gestattung der Nutzung von behinderungsspezifischen Hilfen,
3. Ersatz einzelner schriftlicher Arbeiten oder praktischer Prüfungsteile, die wegen der Art der Behinderung nicht geleistet werden können, durch andere geeignete Prüfungsleistungen,
4. Erholungspausen,
5. Individuelle zeitliche Gestaltung der Prüfungsdauer und
6. Einzelprüfung.
7.1.2 Cerebrale und psychische Beeinträchtigungen
In der mündlichen Prüfung soll bei cerebral beeinträchtigten und behinderten Menschen mit dem Grad der Behinderung von mindestens 30 aufgrund stärker behindernder psychovegetativer oder psychischer Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sinne von Teil B Nummer 3.7 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG, Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) auf das Abfragen von Gedächtniswissen verzichtet werden, soweit es mit dem Zweck der Prüfung vereinbar ist. Es genügt, wenn Aufgaben gestellt werden, deren Lösung erkennen lässt, dass sie die erforderlichen Kenntnisse und die Urteilsfähigkeit besitzen, die sie zu richtigen Entscheidungen befähigen. Auch ist darauf zu achten, dass kein behinderungsbedingter Prüfungsstress, insbesondere durch Zeitdruck entsteht.
7.1.3 Menschen mit Hörbeeinträchtigung
Hörbehinderten oder gehörlosen Menschen sollen die Prüfungsfragen in der mündlichen Prüfung schriftlich vorgelegt werden. Auf Wunsch ist die Nutzung eines auf die Behinderung der Person zugeschnittenen technischen Geräts zu gestatten oder eine nicht im Prüfungsfach vorgebildete Person zur Kommunikationsunterstützung hinzuzuziehen.
7.1.4 Blinde, Sehbehinderte, motorisch Behinderte
Sind blinde, hochgradig sehbehinderte oder behinderte Menschen, die in ihrer Fähigkeit zu schreiben stark eingeschränkt sind, schriftlich zu prüfen, ist die Hinzuziehung einer im Prüfungsfach nicht vorgebildeten Schreibkraft beziehungsweise Vorlesekraft zu gestatten. Das Recht zur selbstständigen Prüfungsablegung unter Hinzuziehung der selbst gewählten Hilfsmittel gemäß Nummer 7.1.1 dieser Richtlinie bleibt unbenommen.
7.2 Unterrichtungspflicht
Die personalführende Stelle unterrichtet zum frühestmöglichen Zeitpunkt die Leiterin beziehungsweise den Leiter einer Prüfung und die Schwerbehindertenvertretung über das Vorliegen einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung eines Prüflings.
7.3 Hinweis auf mögliche Erleichterung
Schwerbehinderte Menschen sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt auf mögliche Erleichterungen hinzuweisen. Hinweise auf in Anspruch genommene Erleichterungen dürfen in die Zeugnisse nicht aufgenommen werden.
7.4 Nichtgewährung von Prüfungserleichterungen
Werden Prüfungserleichterungen im Sinne dieser Richtlinie trotz Antrages und Vorliegen der Voraussetzungen zu Unrecht nicht gewährt oder ist der schwerbehinderte Mensch auf mögliche Prüfungserleichterungen nicht hingewiesen worden, darf er eine Prüfung einmal mehr wiederholen als sonstige Prüfungsbewerberinnen und Prüfungsbewerber, soweit Rechtsvorschriften dies zulassen. Die Wiederholungsprüfung soll auf den Teil der Prüfung beschränkt werden, in dem die Leistungen weniger als ausreichend gewesen sind.
7.5 Informationspflicht
Die für die Prüfungsstelle zuständige Schwerbehindertenvertretung ist rechtzeitig über die Prüfung eines schwerbehinderten Menschen zu informieren.
7.6 Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung
Der Schwerbehindertenvertretung ist, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, zu gestatten, an den mündlichen und praktischen Prüfungen teilzunehmen und nach deren Abschluss - vor der Beratung des Ergebnisses der Prüfung - gegenüber der Prüfungskommission eine Stellungnahme abzugeben. Bei mündlichen Prüfungen hat die Schwerbehindertenvertretung, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen, zudem das Recht, an allen Prüfungsgesprächen auch mit nicht behinderten Bewerberinnen und Bewerbern teilzunehmen.
8 Beschäftigung
Die Vorgesetzten sind verpflichtet, sich über die Gesamtsituation ihrer schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu informieren und mit ihnen entsprechende Einzelgespräche zu führen, soweit die jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter damit einverstanden sind. Dadurch sollen die Vorgesetzten in die Lage versetzt werden, die schwerbehinderten Menschen dabei zu unterstützen, ihre Dienstaufgaben wie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erfüllen. Hierbei sollen sie ihnen die erforderlichen Hilfestellungen geben.
8.1 Anspruch
Aus § 164 Absatz 4 SGB IX folgt grundsätzlich der Anspruch der schwerbehinderten Menschen gegenüber ihrem Dienstherrn auf
1. Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2. bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3. Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4. behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfeldes, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit und
5. Ausstattung des Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen.
8.2 Assistenzkraft
Schwerbehinderte Menschen haben bei der Arbeitsausführung einen Anspruch auf eine Assistenzkraft. Sie haben ein Wahlrecht, selbst Auftraggeber und damit Arbeitgeber der Assistenzkraft (sogenannte Arbeitsassistenz) zu sein oder die Organisation der Assistenzkraft der Dienststelle zu überlassen (sogenannte personelle Unterstützung). In allen Fällen hat die Dienststelle sie hierbei zu unterstützen und die in ihrem Verantwortungsbereich liegenden innerdienstlichen Maßnahmen auszuschöpfen. Auf § 49 Absatz 3 Nummer 1 und 7 in Verbindung mit Absatz 8 Nummer 3 und § 185 Absatz 5 SGB IX wird hingewiesen.
8.3 Teilzeitbeschäftigung
Schwerbehinderte Menschen haben unter den Voraussetzungen des § 164 Absatz 5 SGB IX grundsätzlich einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung.
8.4 Arbeitszeiten und Pausen
Arbeitszeiten und Pausen können für schwerbehinderte Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Bedürfnissen abweichend von den Arbeitszeitvorschriften geregelt werden. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit darf nicht vermindert werden.
8.5 Mehrarbeit
Schwerbehinderte Menschen werden gemäß § 207 SGB IX auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freigestellt. Hieraus darf ihnen kein Nachteil entstehen.
Mehrarbeit im Sinne der Richtlinie ist:
a) für Beamtinnen und Beamte die über die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 2 der Arbeitszeitverordnung vom 4. Juli 2006 (GV. NRW. S. 335), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden AZVO - beziehungsweise § 3 in Verbindung mit § 4 der Arbeitszeitverordnung Polizei vom 5. Mai 2017 (GV. NRW. S. 576), in der jeweils geltenden Fassung, - im Folgenden - AZVOPol - hinausgehende Heranziehung zum Dienst,
b) für Tarifbeschäftigte jede über acht Stunden hinausgehende werktägliche Arbeitszeit,
c) für beamtete und tarifbeschäftigte Lehrerinnen und Lehrer die über die Zahl der wöchentlichen Pflichtstunden gemäß § 2 Absatz 1 bis 3 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz vom 18. März 2005 (GV. NRW. S. 218), zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Mai 2016 (GV. NRW. S. 243), in der jeweils geltenden Fassung, hinausgehende Heranziehung zum Unterricht.
Ein Freistellungsanspruch nach Satz 1 besteht auch für durch Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienste anfallende Mehrarbeit im Sinne des Satzes 3, es sei denn die Heranziehung zur Rufbereitschaft ist im Einzelfall aus dienstlichen Gründen geboten. Die Schwerbehindertenvertretung ist anzuhören.
8.6 Telearbeit
In Dienststellen, in denen durch Dienstvereinbarung Telearbeit eingeführt ist, soll dem Antrag der schwerbehinderten Menschen unter den Voraussetzungen der jeweiligen Dienstvereinbarung entsprochen werden. Der Integrationsfachdienst und das zuständige Inklusionsamt sind in Zweifelsfällen und bezüglich einer möglichen Bezuschussung rechtzeitig einzuschalten. Die Schwerbehindertenvertretung ist bei einem Abschluss einer Dienstvereinbarung zur Telearbeit zu beteiligen.
8.7 Betriebsärztlicher Dienst und Fachkräfte für Arbeitssicherheit
Der betriebsärztliche Dienst sowie die jeweilige Fachkraft für Arbeitssicherheit beraten in Fragen des Arbeits- und des Gesundheitsschutzes. Schwerbehindertenvertretung, betriebsärztlicher Dienst und die Fachkraft für Arbeitssicherheit arbeiten bei dieser Aufgabe eng zusammen.
8.8 Arbeits- und Gesundheitsschutz
Die Schwerbehindertenvertretung ist zu Sitzungen des Arbeitsschutz- und Sicherheitsausschusses einzuladen. Gleiches gilt für Dienststellen- und Betriebsbegehungen mit Fachkräften der Arbeitssicherheit.
Für Arbeitsplätze, auf denen schwerbehinderte Menschen eingesetzt werden, beziehungsweise für Tätigkeiten, mit denen sie beschäftigt sind, ist jeweils eine inkludierte Gefährdungsbeurteilung nach dem Arbeitsschutzgesetz zu erstellen und regelmäßig fortzuschreiben.
8.9 Beschäftigungssicherungszuschuss
Erbringen schwerbehinderte Menschen infolge ihrer Behinderung und nicht nur vorübergehend eine wesentlich verminderte Arbeitsleistung (mindestens 30 Prozent, höchstens 50 Prozent), ist unter Beteiligung der Integrationsfachdienste ein Antrag auf finanzielle Hilfe aus Mitteln der Ausgleichsabgabe zur Abgeltung außergewöhnlicher Belastungen nach § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe e SGB IX in Verbindung mit § 27 Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung vom 28. März 1988 (BGBl. I S. 484), die zuletzt durch Artikel 168 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, - im Folgenden SchwbAV - zu stellen.
Im Interesse eines fairen Verfahrens und einer Gleichbehandlung aller Beschäftigten mit unterschiedlichen Behinderungen soll die Höhe der Minderleistung durch eine neutrale Stelle beurteilt werden. In Betracht kommen:
1. der amtsärztliche Dienst,
2. der arbeitsmedizinische Dienst der Krankenkassen,
3. die technischen Beratungsstellen der Inklusionsämter oder
4. die Integrationsfachdienste.
Die Feststellung der Minderleistung hat in der Regel unter Hinzuziehung ärztlichen Sachverstands zu erfolgen.
Die Wertung dieser Stellen kann selbst bei Ablehnung des Antrags als Entscheidungsgrundlage zur Sicherstellung des Nachteilsausgleichs berücksichtigt werden.
8.10 Pächterauswahl bei Kantinen
Im Rahmen der Pächterauswahl für Kantinen soll im wettbewerblichen Verfahren der Wunsch einer Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen aufgenommen werden. Bei den Pächterinnen beziehungsweise den Pächtern soll für die Einstellung eines oder einer Beschäftigten im Sinne des § 155 SGB IX geworben werden, vergleiche Runderlass des Finanzministeriums vom 15. Januar 2015 (MBl. NRW. S. 44).
9 Barrierefreiheit
9.1 Neubauten und Bestandsbauten
Bei der Planung und Erstellung von Neubauten ist zu gewährleisten, dass sowohl die Gebäude als auch die Außenanlagen barrierefrei gemäß § 2 Absatz 10 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. August 2018 (GV. NRW. S. 421) - im Folgenden BauO NRW - gestaltet werden. Die Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), die zuletzt durch Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung vom 18. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3584) geändert worden ist, ist zu beachten. Soweit DIN-Normen, beispielsweise die DIN 18040-1, als technische Baubestimmung eingeführt wurden, sind diese ebenfalls zu beachten.
Darüber hinaus ist nach der Bauprüfverordnung NRW ab dem 1. Januar 2020 für die in den Anwendungsbereich fallenden Bauten ein Barrierefrei-Konzept zu erstellen und im Rahmen der Bauvorlage einzureichen.
Bei Umbauten, Sanierungen und wesentlichen Änderungen sind die Belange schwerbehinderter Menschen zu berücksichtigen. Dies gilt auch für Gebäude, die angemietet werden.
Die Schwerbehindertenvertretung ist bei der Planung von Baumaßnahmen so rechtzeitig zu hören, dass ihre Vorschläge in die Gesamtplanung eingehen können. Über den Baufortschritt kann sie sich bei ihrer Behörde informieren.
Der technische Beratungsdienst der zuständigen Inklusionsämter ist, soweit erforderlich, einzuschalten. Bei der Anmietung von Diensträumen ist entsprechend zu verfahren.
Spezielle Regelungen einzelner Ressorts für Neuanmietungen, Bestandsgebäude und Bauvorhaben haben Vorrang.
Die Agentur Barrierefrei NRW berät in Fragen der Barrierefreiheit.
9.2 Parkplätze
Jede Dienststelle hat für schwerbehinderte Menschen, die wegen Art und Umfang ihrer Behinderung darauf angewiesen sind, ein Kfz zu benutzen, Parkflächen bereitzuhalten.
Die Einzelheiten der Zuteilung von Parkflächen an schwerbehinderte Menschen sind mit der Schwerbehindertenvertretung zu regeln. Stehen landeseigene oder allgemein angemietete Liegenschaften als Parkflächen nicht zur Verfügung, sollen geeignete Flächen angemietet werden.
Sofern in unmittelbarer Nähe eines Dienstgebäudes keine Abstellfläche bereitgestellt werden kann, ist von der Dienststelle für namentlich bestimmte schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen „aG“ auf dem Ausweis ein Parksonderrecht nach § 46 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3549) geändert worden ist, bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu beantragen.
Werden Parkflächen allgemein nur gegen Entgelt oder im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung vergeben, sind hiervon gemäß § 3 der Schwerbehindertenausweisverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1739), die zuletzt durch Artikel 19 Absatz 20 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen „G, aG, GI, BI, Tbl, H“ im Schwerbehindertenausweis ausgenommen.
9.3 Barrierefreie Informationstechnik
Zur Erreichung von Inklusion sind bereits bei der Entwicklung und Beschaffung neuer Informationstechnik die Anforderungen an die Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Maßgeblich sind hierbei insbesondere die Regelungen des BGG NRW. Dieses Gesetz gilt für Träger öffentlicher Belange nach § 2 des Inklusionsgrundsätzegesetzes vom 14. Juni 2016 (GV. NRW. S. 442) in der jeweils geltenden Fassung. Menschen mit Behinderung muss die Möglichkeit eingeräumt werden, alle von ihnen zur Aufgabenerledigung benötigten IT-Serviceleistungen, hierzu gehören Hardware, Software und sonstige Dienstleistungen, wie beispielsweise Service Desk, mit den von ihnen behinderungsbedingt eingesetzten assistiven Techniken uneingeschränkt zu nutzen. Dies umfasst auch Intranetangebote.
Die technischen Anforderungen an die barrierefreie Informationstechnik ergeben sich aus der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen (Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung Nordrhein-Westfalen - BITV NRW) vom 24. Juni 2004 (GV. NRW. S. 339) in der jeweils geltenden Fassung. Die Anforderungen an die barrierefreie Informationstechnik wurden zudem durch die Richtlinie (EU) 2016/2102 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (ABl. L 327 S. 1) sowie deren Umsetzungsregelungen weiter konkretisiert.
Die Barrierefreiheit nach den oben bezeichneten Standards ist bereits bei Projektaufträgen, Ausschreibungen nach §§ 121 und 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750, 3245), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 12. Juli 2018 (BGBl. I S. 1151) - im Folgenden GWB - geändert worden ist, und Verträgen mit externen Firmen zu berücksichtigen. Bei der Abnahme beziehungsweise im Rahmen von Pilotierungsphasen sind Tests nach grundlegenden Veränderungen der Software unter Verwendung anerkannter Methoden durchzuführen, so dass neue Software nur eingesetzt wird, wenn sie nach bestem Bemühen den maßgeblichen Bestimmungen zur barrierefreien Informationstechnik entsprechen.
Bei bereits bestehenden IT-Serviceleistungen finden die Anforderungen an die Barrierefreiheit insbesondere dann Berücksichtigung, wenn sich die Oberfläche eines Fachverfahrens grundlegend ändert. Änderungen, die lediglich im Rahmen der Pflege der im Einsatz befindlichen IT-Serviceleistungen vorgenommen werden, sind hiervon nicht betroffen. Es sei denn, der Aufwand zur Umsetzung der Anforderungen an die Barrierefreiheit ist gering. Dabei sind die Vorgaben nach § 10 BGG zu beachten.
9.4 Barrierefreie öffentliche Internetangebote
Die öffentlichen Internetangebote der Träger öffentlicher Belange einschließlich mobiler Anwendungen sind nach Maßgabe der BITV NRW und des BGG NRW zur Verfügung zu stellen.
9.5 Barrierefreie Kommunikation
Zur Sicherstellung einer barrierefreien Kommunikation nach § 8 BGG NRW sind bei der Neubeschaffung, Neueinrichtung und Modernisierung von Kommunikationsstrukturen und -anlagen ein barrierefreier Zugang und eine barrierefreie Nutzung zu gewährleisten.
9.6 Barrierefreie Veranstaltungen
Bei Veranstaltungen des Dienstherrn, der Personalvertretungen und der Schwerbehindertenvertretungen sollen nach Möglichkeit die zuvor unter den Nummern 9.1 bis 9.5 dieser Richtlinie genannten Anforderungen an die Barrierefreiheit beachtet werden.
10 Einzelregelungen zum Ausgleich der Behinderung
10.1 Zusatzurlaub
Schwerbehinderte Menschen haben gemäß § 208 SGB IX Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr). Für gleichgestellte behinderte Menschen gilt diese Regelung nicht. Gemäß § 15 Absatz 3 Satz 2 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts vom 12. Oktober 2006 (TVÜ-Länder) in der am Tag der Veröffentlichung dieses Runderlasses geltenden Fassung haben die aus dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb) übergeleiteten Beschäftigten, die am 31. Oktober 2006 einen Anspruch aus § 49 Absatz 4 MTArb hatten, weiterhin einen Anspruch auf Zusatzurlaub von jährlich drei Tagen bei einem Grad der Behinderung von mindestens 25 und weniger als 50, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen in dem über den 31. Oktober 2006 hinaus ununterbrochen fortbestehenden Arbeitsverhältnis erfüllen.
Der Zusatzurlaub tritt zu dem zu gewährenden Erholungsurlaub hinzu und ist wie ein solcher zu behandeln. Die Regelungen über den Verfall und die finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub gelten auch für den Zusatzurlaub. In folgenden Fällen ist in Anwendung der §§ 4 und 5 des Bundesurlaubsgesetzes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 800-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 3 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) geändert worden ist, der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und nach der Regelung in § 208 Absatz 2 SGB IX Teilurlaub zu berechnen:
1. Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft im Kalenderjahr:
Für jeden vollen Monat der im Dienst- oder Arbeitsverhältnis vorliegenden Schwerbehinderteneigenschaft besteht Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs und
2. Ausscheiden aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis in der ersten Hälfte des Kalenderjahres sowie Eintritt in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres:
Für jeden vollen Monat besteht Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs.
Sich hierbei ergebende Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. Ein geringerer Bruchteil ist in diesem Umfang zu gewähren.
Bei neueingestellten schwerbehinderten Menschen, denen im laufenden Urlaubsjahr bei einem anderen Dienstherrn oder Arbeitgeber bereits ganz oder anteilig Zusatzurlaub gewährt worden ist, ist dieser anzurechnen.
Den Wünschen schwerbehinderter Menschen hinsichtlich Urlaubszeitpunkt und Urlaubseinteilung soll entsprochen werden.
10.1.1 Zusatzurlaub vor Nachweis der Schwerbehinderung
Können Beschäftigte den Nachweis ihrer Schwerbehinderung noch nicht erbringen, müssen sie sich gegenüber dem Dienstherrn zur Begründung des Anspruchs auf Zusatzurlaub gleichwohl ausdrücklich auf ihre Schwerbehinderung berufen. Der Urlaub ist konkret unter Hinweis auf das laufende Antragsverfahren zu beantragen. Verweigert der Dienstherr einen beantragten Zusatzurlaub, gerät er in Leistungsverzug, wenn die Schwerbehinderung später rückwirkend festgestellt wird. Ist ein solcher Anspruch nach der tariflichen Regelung dann schon erloschen, tritt an seine Stelle ein Ersatzanspruch nach § 249 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 31. Januar 2019 (BGBl. I S. 54) - im Folgenden BGB - geändert worden ist, oder gegebenenfalls ein Anspruch auf Entschädigung in Geld nach BGB (vergleiche BAG vom 26. 6. 1986 - 8 ZR 75/83 - AP Nr. 5 zu § 44 SchwbG - § 47 SchwbG 1986).
10.2 Dienstbefreiung
Dienstbefreiung in angemessenem Umfang soll schwerbehinderten Menschen gewährt werden, die aufgrund ihrer Behinderung besonders von extremen Wetterlagen und sonstigen äußeren Einflüssen betroffen sind.
10.3 Gewährung von Sonderurlaub und Arbeitsbefreiung
Bei der Gewährung von Sonderurlaub und Arbeitsbefreiung aus Anlässen, die die Interessen von schwerbehinderten Menschen berühren, ist großzügig zu verfahren, insbesondere soweit auch ein dienstliches Interesse am Urlaubszweck besteht (zum Beispiel Mobilitätstraining, Fortbildungsveranstaltungen für besondere Gruppen von Behinderten, Behindertensport). Gleiches gilt bei betriebsbedingten Störungen am Arbeitsplatz (zum Beispiel dem Ausfall der Aufzugsanlage).
10.4 Zuteilung von Mietwohnungen
Bei der Zuteilung von Mietwohnungen, die im Besetzungsrecht des Landes stehen, soll auf die besonderen Bedürfnisse schwerbehinderter Menschen und die Nähe zum Arbeitsplatz sowie auf Art und Umfang der Behinderung Rücksicht genommen werden. Bei gleicher Dringlichkeit ist schwerbehinderten Menschen vor anderen Wohnungssuchenden der Vorzug zu geben. Schwerbehinderten Menschen kann über die sonst für sie in Betracht kommende Zahl von Zimmern hinaus ein zusätzliches Zimmer zuerkannt werden.
10.5 Dienstwagen
Schwerbehinderte Menschen können in eng begrenzten Ausnahmefällen mit anderweitig nicht benötigten Dienstkraftwagen innerhalb des Dienstortes zwischen Wohnung beziehungsweise Haltestelle und Dienststätte befördert werden (§ 15 Absatz 5 der Kraftfahrzeugrichtlinien, Runderlass des Finanzministeriums vom 5. März 1999 - B 2711 - 1.7 - IV A 3). Gleiches gilt, wenn das Dienstgeschäft ausnahmsweise an einem anderen Ort zu verrichten ist, für die Fahrt von Wohnung beziehungsweise Haltestelle zur auswärtigen Dienststätte.
10.6 Freistellung von Vertretungen
Schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 155 Absatz 1 Nummer 1 SGB IX sind auf ihren Wunsch von Krankheits-, Urlaubs- und Abwesenheitsvertretungen freizustellen, soweit nicht zwingende Gründe entgegenstehen.
10.7 Einzelzimmeranspruch bei Dienstreisen
Schwerbehinderte Menschen sind bei Reisen zu Aus- und Fortbildungszwecken, die mit Übernachtungen verbunden sind, grundsätzlich berechtigt, ein Einzelzimmer in Anspruch zu nehmen. Schwerbehinderten Menschen, die eine Dienstreise nur mit fremder Hilfe ausführen können und sich deshalb einer Begleitperson bedienen, die nicht im Landesdienst steht, können die insoweit notwendigen Auslagen im Rahmen des § 9 Landesreisekostengesetz NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1998 (GV. NRW. S. 738), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 3. Dezember 2013 (GV. NRW. S. 722) geändert worden ist - im Folgenden LRKG -, als Nebenkosten erstattet werden.
10.8 Arbeitsraum
Schwerbehinderten Menschen soll ein Einzelzimmer als Arbeitsraum zugewiesen werden, wenn die Art der Behinderung dies erfordert. Im Zweifelsfall soll das Inklusionsamt eingeschaltet werden.
10.9 Assistenz- und Therapiehunde
Assistenz- und Therapiehunde sind während der Dienstzeit am Arbeitsplatz unterzubringen. Notwendige Versorgungsgänge während der Dienstzeit sind als Dienstgang zu behandeln.
11 Arbeitsplatzwechsel
Soweit schwerbehinderte Menschen ihre Versetzung, Abordnung oder Umsetzung beantragen, soll dem nach Möglichkeit entsprochen werden. Schwerbehinderte Menschen sollen gegen ihren Willen unter Berücksichtigung des § 164 Absatz 4 SGB IX nur aus dringenden dienstlichen Gründen versetzt, abgeordnet oder umgesetzt werden. Dies gilt auch für jede andere wesentliche Änderung des Arbeitsplatzes. Vor jedem Arbeitsplatzwechsel ist nach § 178 Absatz 2 SGB IX zu verfahren. Die Beteiligung der Personalvertretung nach dem Landespersonalvertretungsgesetz beziehungsweise Landesrichter- und Staatsanwältegesetz bleibt unberührt.
12 Beurteilung
12.1 Beurteilungsverfahren
Im Beurteilungsverfahren gelten für schwerbehinderte Menschen die jeweils gültigen Beurteilungsrichtlinien unter Beachtung des Grundsatzes, dass schwerbehinderte Menschen zur Erbringung gleichwertiger Leistungen in der Regel mehr Energie aufwenden müssen als nicht behinderte Menschen. Schwerbehinderte Menschen dürfen wegen ihrer Behinderung nicht benachteiligt werden (§ 164 Absatz 2 SGB IX).
12.2 Einschränkung der Arbeitsleistung
Bei der Beurteilung der Leistung schwerbehinderter Menschen ist eine etwaige Minderung der Arbeits- und Einsatzfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen (§ 13 Absatz 3 LVO).
12.2.1 Quantität der Arbeit
Eine geringere Quantität der Arbeitsleistung, soweit sie durch die Behinderung bedingt ist, darf das Beurteilungsergebnis nicht negativ beeinflussen.
12.2.2 Information durch die Personalstelle
Die Personalstelle teilt der Schwerbehindertenvertretung die bevorstehende Beurteilung eines schwerbehinderten Menschen rechtzeitig mit und ermöglicht ihr ein vorbereitendes Gespräch mit der Beurteilerin beziehungsweise dem Beurteiler, sofern der schwerbehinderte Mensch einem solchen Gespräch zustimmt. Findet ein Beurteilungsgespräch statt, so soll die Schwerbehindertenvertretung auf Wunsch des zu beurteilenden schwerbehinderten Menschen hinzugezogen werden. Ist für die Beurteilung ein Beurteilungsbeitrag einzuholen, sollte die beziehungsweise der für den Beurteilungsbeitrag Verantwortliche auf Wunsch des schwerbehinderten Menschen hinzugezogen werden. In diesem Gespräch soll zwischen den Beteiligten festgestellt werden, ob eine durch die Behinderung bedingte quantitative Minderung der Arbeits- und Einsatzfähigkeit Einfluss auf die Arbeitsleistung hat. Findet ein Beurteilungsgespräch nicht statt, so ist der Schwerbehindertenvertretung auf Wunsch des zu beurteilenden schwerbehinderten Menschen Gelegenheit zu geben, ihre Auffassung, ob eine durch die Behinderung bedingte quantitative Minderung der Arbeits- und Einsatzfähigkeit Einfluss auf die Arbeitsleistung hat, schriftlich oder mündlich gegenüber der Beurteilerin oder dem Beurteiler - und gegebenenfalls gegenüber der oder dem für einen Beurteilungsbeitrag Verantwortlichen - darzulegen.
12.2.3 Abnahme von Leistungsnachweisen
Liegen einer Beurteilung einzelne Leistungsnachweise zu Grunde, ist die Schwerbehindertenvertretung auf Wunsch eines betroffenen schwerbehinderten Menschen berechtigt, bei der Abnahme der Leistungsnachweise anwesend zu sein, es sei denn, Rechtsvorschriften stehen dem entgegen.
13 Fortbildung
Die berufliche Fortbildung der schwerbehinderten Menschen ist gemäß § 164 Absatz 4 SGB IX zu fördern. Sie sind zu Fortbildungsmaßnahmen, die vom Dienstherrn veranstaltet werden, bevorzugt zuzulassen. Soweit Maßnahmen vom Dienstherrn angeboten werden, sind sie barrierefrei zu gestalten. Schwerbehinderte Menschen sollen zur Teilnahme an anderen Berufsfortbildungen Sonderurlaub und Kostenzuschuss nach den geltenden Vorschriften erhalten.
14 Berufsförderung
14.1 Einarbeitung
Für die Einarbeitung in neue Aufgaben sind schwerbehinderten Menschen je nach Art und Umfang der Behinderung ausreichende Zeiträume einzuräumen.
14.2 Zusätzliche Hilfen
Schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 155 SGB IX sollen wegen ihrer besonderen Beeinträchtigungen zusätzliche Hilfen zum beruflichen Fortkommen erhalten.
14.3 Auswahlentscheidung, Beförderung
Bei der Auswahlentscheidung zwischen gleich beurteilten Bewerberinnen und Bewerbern ist die Schwerbehinderung als ein rechtlich anerkanntes Hilfskriterium zu berücksichtigen. Fällt die Auswahlentscheidung zum Nachteil des schwerbehinderten Menschen aus, ist die Entscheidung zu begründen und aktenkundig zu machen. Soweit zur Beförderung und Übertragung höherwertiger Aufgaben allgemein eine sogenannte Rotation verlangt wird, diese aber aus behinderungsbedingten Gründen ausgeschlossen ist, dürfen sich hieraus keine Nachteile für die Beförderungsentscheidung ergeben. Gleiches gilt für die Verwendungsbreite und deren Einschränkung aus behinderungsbedingten Gründen.
14.4 Vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst
Bei schwerbehinderten Beamtinnen und Beamten, die infolge ihrer Behinderung voraussichtlich vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden müssen, ist zu prüfen, ob eine solche Beförderung angezeigt ist, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie ohne die besondere Art der Behinderung noch die nächstmögliche Beförderungsstelle ihrer Laufbahn erreichen würden. Dabei ist § 5 Absatz 3 LBeamtVG NRW unter Beachtung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - (vergleiche Runderlass des Finanzministeriums vom 19. April 2007 (MBl. NRW. S. 190) zu beachten. Die Entscheidung ist auf der Grundlage eines amtsärztlichen Gutachtens zu treffen. Auf Antrag der Schwerbehindertenvertretung kann ein Facharzt hinzugezogen werden.
15 Prävention und betriebliches Eingliederungsmanagement
15.1 Prävention
Bei erkennbaren personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten, die zur Gefährdung des Arbeits- oder eines sonstigen Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 167 Absatz 1 SGB IX führen können, hat der Arbeitgeber präventive Maßnahmen zu ergreifen. In den Fällen, in denen auf Grund der Behinderung die künftige Notwendigkeit eines Arbeitsplatzwechsels abzusehen ist, sind die schwerbehinderten Menschen bei beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen bevorzugt zu berücksichtigen. Die Schwerbehindertenvertretungen, die in § 176 SGB IX genannten Vertretungen und das Inklusionsamt sind im frühestmöglichen Stadium zu beteiligen.
15.2 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, hat der Arbeitgeber die besondere Verpflichtung, nach § 167 Absatz 2 SGB IX mit einem betrieblichen Eingliederungsmanagement die Möglichkeiten zur Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit und zum Erhalt des Arbeitsplatzes zu klären. Die zuständige Interessenvertretung - bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung - haben gemäß § 176 SGB IX das Recht, die Klärung zu verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Werden generelle Regelungen zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements getroffen, ist die Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig zu beteiligen.
15.3 Beteiligung
Die Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung richtet sich gemäß § 176 SGB IX nach dem LPVG NRW beziehungsweise nach dem Landesrichter- und Staatsanwältegesetz, die der Gleichstellungsbeauftragten nach dem Landesgleichstellungsgesetz.
16 Rehabilitation
16.1 Medizinisch-berufliche Rehabilitation
Um das Ziel einer dauernden Eingliederung schwerbehinderter Menschen in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu sichern, sehen die Vorschriften des SGB IX entsprechende Leistungen im medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Bereich vor. Als Grundsatz gilt „Rehabilitation geht vor Rente“.
16.2 Entgeltfortzahlung bei Rehabilitation
Soweit schwerbehinderte Menschen Leistungen der gesetzlichen Rehabilitationsträger - unvermeidbar - während der Dienstzeit in Anspruch nehmen müssen, können sie im Rahmen der tariflichen Regelungen nach § 29 TV-L unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freigestellt werden. Dies gilt auch für Maßnahmen im berufsfördernden Bereich und auch dann, wenn Leistungen subsidiär durch eine Fürsorgestelle oder ein Inklusionsamt erbracht werden, zum Beispiel bei Trainingsmaßnahmen für Sinnesbehinderte. Ein eingeräumtes Ermessen ist großzügig auszuüben.
16.3 Umschulungsmaßnahmen
Sofern zur Vermeidung von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsminderung aus zwingenden gesundheitlichen Gründen längerfristige außerbetriebliche Umschulungsmaßnahmen erforderlich werden, soll Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Sonderurlaub unter Wegfall des Entgelts gewährt werden. Dies setzt voraus, dass die Umschulung einvernehmlich mit Dienststelle und Rehabilitationsträger durchgeführt wird.
16.4 Wiedereingliederung
Ist nach längerer Erkrankung die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess auf ärztliches Anraten nur stufenweise möglich, soll dieses im Einvernehmen mit dem zuständigen Rehabilitationsträger vereinbart werden. Während des Wiedereingliederungsverfahrens besteht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Beamtinnen und Beamten soll eine reduzierte Arbeitszeit entsprechend der notwendigen Wiedereingliederungsmaßnahme bis zur Dauer von sechs Monaten gemäß § 2 Absatz 6 Satz 1 AZVO beziehungsweise gemäß § 2 Absatz 6 Satz 2 AZVO bis zu zwölf Monaten unter den darin genannten Voraussetzungen eingeräumt werden.
16.5 Sonderurlaub für berufsfördernde Maßnahmen
Sofern schwerbehinderte Menschen berufsfördernde Maßnahmen aufgrund ihrer Behinderung mit dem Ziel der verbesserten Eingliederung in das Berufsleben zulasten eines Rehabilitationsträgers, einer Fürsorgestelle, des Inklusionsamtes oder auf eigene Kosten durchführen, soll ihnen hierfür analog zu Nummer 16.2 dieser Richtlinie Sonderurlaub unter Fortzahlung der Dienstbezüge gewährt werden.
16.6 Laufbahnwechsel
Beamtinnen und Beamten aller Fachrichtungen soll im Rahmen der geltenden Laufbahnvorschriften dann ein Laufbahnwechsel ermöglicht werden, wenn sie aufgrund von Art und Schwere ihrer Behinderung in ihrer eigenen Laufbahn nur noch mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit auf Dauer verwendet werden können, bei einer Verwendung in einer anderen Laufbahn dagegen aufgrund ihrer bisherigen Vorbildung, ihrer beruflichen Tätigkeit und nach im Einzelfall festzulegender Unterweisungszeit wieder voll dienstfähig sein könnten. Eine solche Maßnahme kommt einer Umschulung nach Nummer 16.3 dieser Richtlinie gleich.
17 Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
17.1 Entlassung
Beantragen schwerbehinderte Menschen die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis oder die Beendigung ihres Dienst-, Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnisses durch Auflösungsvertrag, ist die Entscheidung hierüber eine beteiligungspflichtige Angelegenheit im Sinne des § 178 Absatz 2 SGB IX. Soll das Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnis gegen den Willen des schwerbehinderten Menschen beendet werden, sind neben der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung die Schutzvorschriften für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemäß §§ 168 bis 175 SGB IX zu beachten. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ist unwirksam, vergleiche § 178 Absatz 2 Satz 3 SGB IX.
17.2 Gleichwertiger Arbeitsplatz
Sofern der weitere Einsatz von schwerbehinderten Menschen am bisherigen Arbeitsplatz aus organisatorischen, strukturellen oder betriebsbedingten Gründen nicht möglich ist, ist dem schwerbehinderten Menschen im Rahmen der tariflichen und beamtenrechtlichen Regelungen und sonstigen Vereinbarungen ein anderer angemessener und gleichwertiger Arbeitsplatz - vorrangig in der bisherigen Dienststelle beziehungsweise am bisherigen Dienstort oder wunschgemäß - zu vermitteln.
18 Schwerbehindertenvertretung
Die Schwerbehindertenvertretung hat die Eingliederung und Inklusion schwerbehinderter Menschen in der Dienststelle zu fördern, ihre Interessen zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen.
18.1 Freistellung der Schwerbehindertenvertretung auf Ortsebene
18.1.1 Volle Freistellung
Nach § 179 Absatz 4 SGB IX sind die Vertrauenspersonen ohne Minderung des Arbeitsentgelts oder der Dienstbezüge von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen, wenn und soweit es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Der Umfang der Freistellung richtet sich nach den spezifischen örtlichen und räumlichen Erfordernissen sowie nach etwaigen besonderen Verhältnissen der einzelnen Verwaltungen wie beispielsweise besondere Schwierigkeiten bei der Verteilung der anfallenden Arbeitszeit. Sind in einer Dienststelle in der Regel wenigstens 100 schwerbehinderte Menschen beschäftigt, wird die Vertrauensperson auf ihren Wunsch freigestellt. Weitergehende Vereinbarungen sind zulässig.
Im Übrigen kann die Schwerbehindertenvertretung unter den Voraussetzungen des § 178 Absatz 1 Satz 4 SGB IX nach Unterrichtung des Arbeitgebers das mit der höchsten Stimmenzahl gewählte stellvertretende Mitglied zu bestimmten Aufgaben heranziehen. Ab jeweils 100 weiteren beschäftigten schwerbehinderten Menschen kann jeweils auch das mit der nächsthöheren Stimmenzahl gewählte Mitglied herangezogen werden.
Der Umfang der Dienstbefreiung für herangezogene Stellvertreterinnen und Stellvertreter gemäß § 179 Absatz 4 Satz 1 SGB IX richtet sich nach den zeitlichen und inhaltlichen Erfordernissen der Aufgabenübertragung. Der hierfür erforderliche zeitliche Umfang kann vorab pauschal festgelegt werden.
18.1.2 Teilfreistellung
Ergänzend zu den Freistellungsregelungen nach § 179 Absatz 4 SGB IX ist der Umfang der Freistellung so zu bemessen, dass die Teilnahme der Schwerbehindertenvertretung an allen Sitzungen gemäß § 178 Absatz 4 und 5 SGB IX gewährleistet ist. Wird die Zahl von 100 schwerbehinderten beschäftigten Menschen in einer Dienststelle nicht erreicht, richtet sich die Höhe der Freistellung nach folgenden Maßgaben: Es besteht eine Basisfreistellung der Vertrauensperson von 20 Prozent der Jahresarbeitszeit eines vollzeitäquivalent Beschäftigten zuzüglich 0,8 Prozent der Jahresarbeitszeit eines vollzeitäquivalent Beschäftigen je zu vertretenden schwerbehinderten Beschäftigten in der Dienststelle. Zugrunde gelegt wird dabei die Zahl der gemäß § 163 SGB IX für das Vorjahr gemeldeten schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten behinderten Menschen.
Neben vollfreigestellten Mitgliedern nach Nummer 18.1.1 dieser Richtlinie ergibt sich der Umfang der Freistellung des mit der nächsthöheren Stimmenzahl gewählten Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung entsprechend Nummer 18.1.1 Satz 7 und 8 dieser Richtlinie. Für den Fall der Heranziehung von stellvertretenden Mitgliedern im Sinne des § 178 Absatz 1 Satz 4 SGB IX ist für eine entsprechende Entlastung am Arbeitsplatz Sorge zu tragen.
18.2 Freistellung der Bezirksschwerbehindertenvertretung
Die Vertrauensperson erhält eine Basisfreistellung von 30 Prozent zuzüglich 0,06 Prozent der Jahresarbeitszeit eines vollzeitäquivalent Beschäftigten je schwerbehinderten Beschäftigten auf Bezirksebene. Vertritt die Vertrauensperson darüber hinaus zusätzlich die Interessen von schwerbehinderten Menschen, für die eine Schwerbehindertenvertretung auf Ortsebene nicht gewählt ist, erhöht sich ihre Freistellung nach Nummer 18.1.2 dieser Richtlinie entsprechend.
18.3 Hauptschwerbehindertenvertretung
Die Vertrauensperson erhält eine Freistellung von 100 Prozent. Sofern dies zur Aufgabenerfüllung nicht ausreichend ist, richtet sich der Umfang der Dienstbefreiung für herangezogene Stellvertreterinnen und Stellvertreter gemäß § 179 Absatz 4 Satz 1 SGB IX, beispielsweise bei der Wahrnehmung der Aufgaben der örtlichen Schwerbehindertenvertretung, nach den zeitlichen und inhaltlichen Erfordernissen der Aufgabenübertragung. Der hierfür erforderliche zeitliche Umfang kann vorab pauschal festgelegt werden.
18.4 Weiterbildungsanspruch
Die vielseitigen und schwierigen Aufgaben der Vertrauenspersonen einschließlich der Bezirks- und Hauptvertrauenspersonen erfordern ständige Weiterbildung. Die Dienststellen sollen sie bei dieser Aufgabe großzügig unterstützen.
18.5 Freistellungsanspruch und Kostenübernahme für Fortbildungen
Gemäß § 179 Absatz 4 Satz 3 SGB IX ist eine Freistellung der Vertrauenspersonen für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu gewährleisten, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit der Schwerbehindertenvertretung erforderlich sind. Ein Weiterbildungsanspruch besteht auch für die Stellvertretungen. Nach § 179 Absatz 8 SGB IX trägt der Arbeitgeber die durch die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen entstehenden Kosten. Reisekostenvergütung erhalten Vertrauenspersonen, die an Schulungs- oder Bildungsveranstaltungen teilnehmen, nach den für Personalvertretungen geltenden Bestimmungen über Reisekosten.
18.6 Kosten
Nach § 179 Absatz 8 SGB IX trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten. Dazu gehören auch eine Bürokraft für die Schwerbehindertenvertretung in erforderlichem Umfang und die zur Erfüllung der Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung notwendigen Reisekosten. Für öffentliche Arbeitgeber gelten die Kostenregelungen für Personalvertretungen entsprechend. Voraussetzung für die Erstattung von Reisekosten ist, dass die Reise zur Erfüllung von Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach dem SGB IX notwendig ist. Der Dienststellenleitung ist die Reise rechtzeitig vorher anzuzeigen. Geht aus der Anzeige der Schwerbehindertenvertretung an die Dienststellenleitung hervor, dass die beabsichtigte Reise nicht notwendig ist, soll sie rechtzeitig vor Antritt der Reise darauf hingewiesen werden, dass Reisekosten nicht erstattet werden, um ihr Gelegenheit zu geben, die Frage der Notwendigkeit der Reise erneut zu prüfen. Die Vertrauenspersonen erhalten Reisekostenvergütung in sinngemäßer Anwendung des LRKG wie bei Reisen zur Erfüllung der Aufgaben der Personalvertretung. Die Reisen sind somit reisekostenrechtlich wie Dienstreisen abzugelten, unabhängig davon, ob die Vertrauensperson voll, teilweise oder gar nicht freigestellt ist. Bei der Abrechnung der Reisekosten - auch solchen nach Nummer 18.7 dieser Richtlinie - ist das Rundschreiben des Finanzministeriums über die Festsetzung von Aufwandsvergütungen nach § 7 Absatz 3 LRKG vom 12. Dezember 2013 - (n.V.) B 2906 - 7.3 - IV A 2 - zu beachten.
18.7 Geschäftsbedarf
Die Schwerbehindertenvertretung ist mit dem notwendigen Geschäftsbedarf zu versorgen. Hierbei sind die Ausstattungsansprüche der jeweiligen Personalvertretung als Maßstab anzulegen. Soweit die Schwerbehindertenvertretung kein eigenes Geschäftszimmer hat, ist ihr in jedem Fall ein Einzelzimmer zur Verfügung zu stellen.
18.8 Arbeitsgemeinschaften
Die Schwerbehindertenvertretungen können sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 178 SGB IX zu regionalen und überregionalen Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen.
19 Inklusionsvereinbarung
Inklusionsvereinbarungen sind gemäß § 166 SGB IX ein zentrales Anliegen. Hiernach ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit der Schwerbehindertenvertretung und der zuständigen Personalvertretung in Zusammenarbeit mit der beziehungsweise dem oder den Inklusionsbeauftragten des Arbeitgebers auf die Dienststelle zugeschnittene Inklusionsziele festzulegen und eine verbindliche Inklusionsvereinbarung mit Regelungen gemäß § 166 Absatz 2 und 3 SGB IX abzuschließen. Die Schwerbehindertenvertretung hat nach Maßgabe der auf der jeweiligen Ebene angesiedelten Zuständigkeit das Recht, eine Inklusionsvereinbarung neben dieser Richtlinie einzufordern.
20 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft.
Gleichzeitig mit Inkrafttreten dieses Runderlasses tritt der Runderlass des Innenministeriums vom 14. November 2003 (MBl. NRW. S. 1498), der zuletzt durch Runderlass vom 9. Dezember 2009 (MBl. NRW. S. 598) geändert worden ist, außer Kraft.
ABl. NRW. 10/19