Zu BASS 20-22 Nr. 8
Fort- und Weiterbildung;
Strukturen und Inhalte der Fort- und Weiterbildung für das Schulpersonal (§§ 57-60 SchulG);
Ergänzung Anlage 4 Teil 1
„Interkulturelle Schulentwicklung -
Demokratie gestalten“
RdErl. d. Ministerium für Schule und Weiterbildung
v. 23.03.2017 - 412-6.07.01-121511
Bezug:
RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 06.04.2014
(BASS 20-22 Nr. 8), zuletzt geändert durch RdErl. v. 11.11.2016 (ABl. NRW. 12/16 S. 42)
Die Anlage 4 wird wie folgt geändert:
1. Die Überschrift im Kasten lautet wie folgt:
„Fortbildungsangebote der Kompetenzteams NRW“
2. Die Bestandteile der Anlage 4 werden nummeriert und wie folgt neu sortiert:
I. Schulentwicklungsberatung
II. Fortbildungsplanung
III. Interkulturelle Schulentwicklung - Demokratie gestalten
(vorliegender Erlass)
IV. Standard- und kompetenzorientierte Unterrichtsentwicklung
in den Fächern
V. Fortbildung für Schulen auf dem Weg zur Inklusion
VI. Vielfalt fördern
VII. Lernmittel- und Medienberatung
VIII. Kooperation mit Bildungspartnern
3. In die Anlage 4 des Bezugserlasses wird angefügt:
„III. Interkulturelle Schulentwicklung - Demokratie gestalten“
Ziel des Fortbildungsprogramm ist die Unterstützung und Begleitung von Schulen auf dem Weg, sich als migrationssensible Bildungseinrichtung, die die Gestaltung unserer Demokratie in einer interkulturellen Gesellschaft aktiv fördert, weiter zu entwickeln.
Zentrale Aspekte des Angebots sind:
- Entwicklung einer Wertschätzung von Vielfalt und Mehrsprachigkeit
- Verankerung durchgängiger Sprachbildung als Querschnittsaufgabe in allen Fächern
- Überwindung struktureller Benachteiligungen
- Gestaltung von Demokratie und Stärkung von Partizipation
- Engagement für Menschenrechte und die Gestaltung des gesellschaftlichen Zusammenlebens.
Das Programm wird vorrangig als längerfristig angelegte schulinterne Fortbildungsmaßnahme (SchiLf) durch die Kompetenzteams und durch die Bezirksregierungen angeboten.
Durch Kooperation mit den Kommunalen Integrationszentren werden zentrale Expertise und Erfahrungen im Bereich der Migrationspädagogik, der Durchgängigen Sprachbildung und der Demokratiegestaltung zusammengeführt, um den Schulen eine umfassende Beratung und Unterstützung anbieten zu können.
Adressaten des Fortbildungsangebots sind Steuergruppen, Schulleitungen, Lehrkräfteteams in der Schule, pädagogisches Personal oder ganze Kollegien. Die Belange von Teilzeitkräften sind zu berücksichtigen, um eine Teilnahme an der Fortbildung zu ermöglichen.
Die konzeptionelle Rahmung besteht obligatorisch aus Basis- und Abschlussmodul zur systemischen Weiterentwicklung der Lehrerprofessionalität in der Migrationsgesellschaft. Im Mittelpunkt steht dabei die Anregung zur Selbstreflexion der eigenen Haltung und Rolle im Kontext des Weiterentwicklungsvorhabens der Schule zu einer migrationssensiblen Bildungseinrichtung.
Dauer, Schwerpunkte und Umfang der Beratung und Unterstützung orientieren sich an den durch die Schule unter Beteiligung der Gremien definierten Bedarfen aus den angebotenen Themenbereichen in der konzeptionellen Rahmung des Basis- und Abschlussmoduls. Für nachhaltige Entwicklungsprozesse wird den Schulen empfohlen, eine Steuergruppe einzurichten.
Die Ziel- und Auftragsklärung erfolgt mit den Moderatorinnen und Moderatoren, die durch Schulentwicklungsberaterinnen und - berater unterstützt werden. Die Vereinbarungen werden in einem Kontrakt schriftlich festgehalten.
Einzelne Module des Gesamtprogramms werden bei Bedarf von den Kompetenzteams und den Bezirksregierungen auch als ScheLf-Maßnahme angeboten.
Struktur der Fortbildung
Basismodul (im Umfang von mindestens 8 Fortbildungsstunden):
- Aktuelles Wissen über Rahmenbedingungen im Kontext von Migration, migrationsgesellschaftliche Diskurse wie lebensweltliche Mehrsprachigkeit, Geschlechterkulturen sowie rechtliche, politische und religiöse Perspektiven kennen, auf die eigene Positionierung und den schulischen Kontext übertragen
- Auseinandersetzung mit eigener Haltung vornehmen
- Standortanalyse und Bedarfsklärung vornehmen und Schwerpunkte für die Vorhabenplanung interkultureller Schulentwicklung aus folgenden Bereichen festlegen:
- Durchgängige Sprachbildung und Sprachsensibler Fachunterricht
- Deutsch als Zielsprache
- Demokratie gestalten.
- Absprachen zur Bildung kooperativer und interdisziplinärer Teamstrukturen treffen oder optimieren
- Zielvereinbarungen über Schwerpunkte, Inhalte, Format und Dauer des Fortbildungsvorhabens treffen.
Abschlussmodul (im Umfang von mind. 4 Fortbildungsstunden):
- erste Umsetzungserfahrungen auswerten
- die im Basismodul vereinbarten Ziele evaluieren und reflektieren
- initiierte Prozesse in den Handlungsfeldern in weitere fachliche Bereiche der Schule mit kollegialen Unterstützungsstrukturen transferieren
- Vereinbarungen über die weitere Arbeit im Handlungsfeld und die Implementation im Schulprogramm treffen.
Folgende thematische Module werden zusätzlich zum Basis- und Abschlussmodul angeboten. Der Umgang mit Mehrsprachigkeit zieht sich als ein zentraler Aspekt durch alle Module.
Durchgängige Sprachbildung, Sprachsensibler Fachunterricht
(im Umfang von mindestens 16 Fortbildungsstunden):
- Mehrsprachigkeit als Ressource für erfolgreiche Bildungsverläufe anerkennen und nutzen
- Kenntnisse zu Spracherwerbsverläufen erwerben, einordnen und anwenden
- Alltags-, Bildungs- und Fachsprache sowie berufsorientierte Sprache und deren Unterscheidungsmerkmale kennen
- Strategien zur Förderung der Bildungssprache in allen Fächern kennen und anwenden
- Qualitätsmerkmale und Konzepte durchgängiger sprachlicher Bildung und sprachsensiblen Fachunterrichts kennen
- Sprachsensible Lernumgebung(en) arrangieren und nutzen.
Lernprozessbegleitung und individuelle Förderung
in der Sprachbildung
(im Umfang von mindestens 8 Fortbildungsstunden):
- Verfahren der Sprachstandsdiagnostik kennen und anwenden
- Sprachlernprozesse beobachten, begleiten, dokumentieren und die individuelle Förderung darauf ausrichten
- Transferlernstrategien kennen und anwenden
- Methoden und Strategien zur Vermittlung und Förderung der vier Teilkompetenzen sprachlichen Lernens (Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben) kennen und fachspezifisch anwenden.
Neu zugewanderte und geflüchtete Kinder und Jugendliche
(im Umfang von mindestens 8 Fortbildungsstunden):
- Rechtliche Rahmenbedingungen kennen und schulische Konzepte entwickeln
- Schule im Sozialraum verorten und Kooperationsnetzwerke (weiter-) entwickeln
- Konzepte zum Aufbau von Bildungspartnerschaften mit Eltern und Familien sowie zur Kooperation mit Ausbildungsbetrieben kennen und im jeweiligen Kontext entwickeln und nutzen
- Hilfen und Unterstützungsangebote im Umgang mit Fluchterfahrungen und Traumatisierung kennen und vermitteln.
Deutsch als Zielsprache
(im Umfang von mindestens 16 Fortbildungsstunden):
- Spracherwerbsstufen in den vorhandenen Sprachen kennen und berücksichtigen
- Methoden der Alphabetisierung und Numeralisierung kennen und anwenden
- Grundlagen der Phonetik und phonologischen Bewusstheit kennen und berücksichtigen
- Methoden zum Aufbau bildungssprachlicher Register kennen und umsetzen
- Verfahren der Sprachstandsdiagnostik kennen und anwenden
- Das „Deutsche Sprachdiplom der Kultusministerkonferenz“ (DSD I und DSD I PRO) als Instrumente der offiziellen Zertifizierung erworbener Kompetenzen in der deutschen Sprache und die zuständigen Kooperationspartner kennen.
Beziehungen und Kommunikation in einer Schule der Vielfalt
(im Umfang von mindestens 12 Fortbildungsstunden):
- Schulische Team- und Kooperationsfähigkeit als Grundlage einer demokratischen Schulkultur beschreiben und beeinflussen
- Achtsamkeit und Respekt als Grundlagen einer demokratischen Schulgemeinschaft erkennen
- Feedbackkultur in schulischen Kommunikationsprozessen kennen und gestalten
- Genderperspektiven einnehmen und in der Durchführung demokratischer Praktiken berücksichtigen
- Willkommens- und Anerkennungskultur als Qualitätsmerkmal einer Schule der Vielfalt beschreiben und entwickeln.
Demokratische Praxis in einer migrationssensiblen Schulkultur
(im Umfang von mindestens 8 Fortbildungsstunden):
- Partizipation der Schülerinnen und Schüler aktivieren und implementieren
- Prinzipien einer demokratischen partizipativen Schul- und Unterrichtsentwicklung kennen und vermitteln
- die Bedeutsamkeit von Verantwortungsübernahme und Selbstwirksamkeit für eine demokratische Sozialisation begründen
- Verfahren demokratischer Entscheidungsfindung und Partizipation darstellen und anwenden
- Demokratische und partizipative Prinzipien einer interkulturellen Öffnung von Schule identifizieren.
Demokratische Partizipations- und Konfliktkultur
in Unterricht und Schulleben
(im Umfang von mindestens 12 Fortbildungsstunden):
- Demokratische Prinzipien in der Verankerung schulischer Regeln und Praxis kennen und berücksichtigen
- Schulische Partizipations- und Konfliktkultur untersuchen und beeinflussen
- Kenntnis von Programmen und Projekten zur Förderung der Verantwortungsübernahme im Konflikt haben
- Strategien im Umgang mit Mobbing (einschl. Cyber-Mobbing) kennen und anwenden
- Strategien im Umgang mit radikalen politischen und religiösen Strömungen (z.B. Salafismus, Rechtsextremismus) kennen und anwenden
- Handlungssicherheit im Umgang mit schulischen Regelverstößen und der Gestaltung möglicher Konsequenzen gewinnen
- Rollenklarheit und Rechtssicherheit im Konflikt erlangen.
Medien in demokratischer und interkultureller Schulentwicklung
(im Umfang von mindestens 8 Fortbildungsstunden):
- Leben in einer digitalen Welt reflektieren und Gestaltungsmöglichkeiten nutzen
- Schulische Kommunikationsplattformen und ihre Bedeutung für eine demokratische Schul- und Lernkultur kennen und nutzen
- Medien in Prozessen demokratischer Willens- und Meinungsbildung als bedeutsam erfahren und anwenden
- Computerspiele in Bezug auf demokratische Prinzipien analysieren
- Konsequenzen neuer Kommunikationsformen (Facebook, Instagramm, Twitter etc.) für die demokratische Praxis erkennen und kritisch beleuchten
- Mediengestützte Konflikte in ihrer Bedeutung für die Zusammenarbeit von Schule und Elternhaus wahrnehmen und bearbeiten.
Der Runderlass tritt sofort in Kraft.
ABl. NRW. 04/2017 S. 44