Berufs- und Studienorientierung an allen Schulen in NRW Das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss - Übergang Schule-Beruf in NRW“ wird ab dem Schuljahr 2016/2017 an allen öffentlichen allgemeinbildenden Schulen verlässlich umgesetzt. Grundlage dafür sind die bereits 2011 getroffenen Vereinbarungen aller Partner im Ausbildungskonsens NRW (Landesregierung, Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften und Arbeitgeber sowie Kammern und Kommunale Spitzenverbände). Der Erlass zur Berufs- und Studienorientierung (BASS 12-21 Nr. 1) wurde sprachlich an die in „Kein Abschluss ohne Anschluss“ verwendete Terminologie angepasst und präzisiert. |
Zu BASS 12-21 Nr. 1
Berufs- und Studienorientierung
RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung
v. 07.09.2016 - 315-6.08.01-134013
Bezug:
RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 21.10.2010
(BASS 12-21 Nr. 1)
Der Bezugserlass erhält folgende Fassung:
Inhalt
1 Ziele, Aufgaben, Organisation
2 Regionale Koordination
3 Zusammenarbeit von Schulen, Berufsberatung und Hochschulen
4 Zusammenarbeit mit der Jugendsozialarbeit
5 Besondere Hinweise zur Berufsorientierung für Schülerinnen und
Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung
6 Schülerbetriebspraktikum und Hochschulpraktikum
7 Qualifizierung der Lehrkräfte
8 Abstimmung, Inkrafttreten, Außerkrafttreten
1 Ziele, Aufgaben, Organisation
Im Rahmen der Berufs- bzw. Studienorientierung sollen junge Menschen befähigt werden, eigene Entscheidungen im Hinblick auf den Übergang ins Studium oder Erwerbsleben vorzubereiten und selbstverantwortlich zu treffen. Angebote und Maßnahmen zur Berufs- und Studienorientierung sind auch darauf ausgerichtet, geschlechtsbezogene Benachteiligungen zu vermeiden bzw. zu beseitigen. Dazu sollen Kenntnisse über die Wirtschafts- und Arbeitswelt und ggf. den Hochschulbereich vermittelt, Berufs- und Entwicklungschancen aufgezeigt und Hilfen für den Übergang in eine Ausbildung, in weitere schulische Bildungsgänge oder in ein Studium gegeben werden. Hierzu gehört auch, Praxiserfahrungen in frauen- und männeruntypischen Berufen zu ermöglichen sowie Kenntnisse darüber zu vermitteln. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund oder Behinderung werden in Bezug auf die Studien- und Berufsorientierung soweit erforderlich gezielt gefördert. Im Sinne individueller Förderung sollen Schülerinnen und Schüler den Übergang von der Schule in den Beruf oder das Studium verstärkt als Anschluss und nicht als Abschluss erleben. Die Berufs- bzw. Studienorientierung ist eine gemeinsame Aufgabe von Schule und Berufsberatung der Agenturen für Arbeit, die in der gemeinsamen Rahmenvereinbarung vom 17.09.2007 dokumentiert wird (siehe www.schulministerium.nrw.de). In Fragen der Studienorientierung sind die Studienberatungen der Hochschulen vorrangig einzubeziehen. Berufs- bzw. Studienorientierung wird in enger Abstimmung mit allen Partnern, neben den genannten insbesondere auch der örtlichen Wirtschaft und ihren Organisationen, den Trägern der Jugendhilfe, den Arbeitnehmerorganisationen und weiteren Partnern durchgeführt (§ 5 SchulG - BASS 1-1).
Der Ausbildungskonsens NRW hat im November 2011 die flächendeckende Einführung einer nachhaltigen, geschlechtersensiblen, migrationssensiblen, inklusiven und systematischen Berufs- und Studienorientierung beschlossen, welche seit dem Schuljahr 2012/2013 stufenförmig an den öffentlichen Schulen aufgebaut wurde. Sie dient dem Ziel, dass die Jugendlichen zu reflektierten Berufs- und Studienwahlentscheidungen kommen und realistische Ausbildungsperspektiven zum Anschluss an die allgemeinbildende Schule entwickeln. Dazu sind 18 Standardelemente entwickelt worden, durch die der systematische Prozess der Berufs- und Studienorientierung, beginnend ab der Jahrgangsstufe 8 bis hinein in eine Ausbildung bzw. alternative Anschlusswege, definiert wird. In Verbindung mit dem Unterricht umfasst er verpflichtende Elemente, wie:
- Potenzialanalyse
- Praxisphasen (Berufsfelderkundungen, Betriebspraktika in der Sekundarstufe I und II, Praxiskurse, Langzeitpraktikum, Studienorientierung)
- Prozess der begleitenden Beratung (in Schule, seitens der Berufsberatung und anderer Partner, der Eltern)
- Schulische Strukturen (Curriculum der Berufs- und Studienorientierung, Studien- und Berufswahlkoordinatorinnen und -koordinatoren, Berufsorientierungsbüro)
- Portfolioinstrument, z.B. den Berufswahlpass NRW
- Koordinierte Gestaltung des Übergangs inklusive einer Anschlussvereinbarung und eines Instrumentes zur Onlineerfassung von Eckdaten der Berufs- und Studienorientierung („EckO“).
Die Standardelemente Potenzialanalyse, Berufsfelderkundungen, Praxiskurse, Betriebspraktikum, Langzeitpraktikum und Beratung gelten gemäß § 4 Absatz 2 APO-S I (BASS 13-21 Nr. 1.1) als Unterricht in anderer Form, mit denen die Schulen ihrer verpflichtenden Aufgabe zur Berufsorientierung in der Sekundarstufe I nach § 8 Absatz 3 APO-S I nachkommen. Sie werden regelmäßig durchgeführt und sind wie Unterricht in die schulinternen Curricula aufzunehmen.
Für die Übernahme hierfür entstehender Fahrkosten findet die Verordnung zur Ausführung des § 97 Absatz 4 Schulgesetz (Schülerfahrkostenverordnung - SchfkVO) in Verbindung mit den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften (VVzSchfkVO - BASS 11-04 Nr. 3.1/Nr. 3.2) Anwendung. Um den Umfang von Fahrkostenerstattungen durch Schulträger planbar zu gestalten, ist eine frühzeitige Absprache zwischen Schulen und Schulträger erforderlich.
Ab dem Schuljahr 2016/2017 nehmen alle öffentlichen allgemeinbildenden Schulen an dem Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss Übergang Schule-Beruf NRW“ teil (nv.-Erlass 16.12.2015). Schulen in privater Trägerschaft können dies auf Antrag bei ihrer zuständigen Bezirksregierung. Die teilnehmenden öffentlichen Schulen erhalten für den zusätzlichen Beratungs- und Koordinationsaufwand Entlastungsstunden. Die innerschulische Koordination aller Maßnahmen zur Berufs- bzw. Studienorientierung wird von der Schulleiterin oder dem Schulleiter verantwortet. Sie oder er benennt eine Koordinatorin oder einen Koordinator für Berufs- und Studienorientierung (im Folgenden als StuBo-Koordinatorin oder StuBo-Koordinator bezeichnet) als Ansprechperson für dieses Themenfeld nach innen und außen sowie als Initiatorin oder Initiator für die Berufs- und Studienwahlprozesse der Schule. Im Benehmen mit der Lehrerkonferenz kann diese Aufgabe von der Schulleiterin oder dem Schulleiter einer Lehrkraft oder einem Team übertragen werden (§ 18 Absatz 2 ADO - BASS 21-02 Nr. 4). Die StuBo-Koordinatorinnen oder -Koordinatoren wirken dabei mit, die Berufs- bzw. Studienorientierung in der Schule dauerhaft zu verankern, damit ab der Jahrgangsstufe 8 die vier Phasen der Berufs- und Studienorientierung, von der Erkennung eigener Potenziale, über das Kennenlernen der Berufsfelder und der Erprobung in der Praxis der Arbeitswelt, der Konkretisierung der Berufs- und Studienwahl bis zur abschließenden konkretisierten Übergangsgestaltung umgesetzt werden.
Die Umsetzung erfolgt unter verbindlicher Mitwirkung des StuBo-Teams oder der StuBo-Koordinatorin oder des StuBo-Koordinators und ist durch ein zu erstellendes BO-Curriculum, welches die Prozessstruktur, die Jahresplanung und die Koordination der in den Standardelementen enthaltenen Maßnahmen einschließt, unterfüttert.
Die StuBo-Koordinatorinnen und -Koordinatoren erhalten entsprechende Qualifizierungsangebote. Die Schulleiterin oder der Schulleiter genehmigt die im Zusammenhang mit der Berufs- bzw. Studienorientierung erforderlichen Dienstreisen und Dienstgänge von Lehrkräften der Schule im Auftrag der Schulaufsichtsbehörde. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob die Finanzierung gesichert ist. Für die Schulleiterin oder den Schulleiter selbst erteilt die Schulaufsichtsbehörde die Dienstreisegenehmigung. Zur Berufs- und Studienorientierung sollen die Schülerinnen und Schüler vor allem auf
- die Informationsangebote des Landes wie www.schulministerium.nrw.de, www.berufsorientierung-nrw.de, www.studifinder.de und www.studieren-in-nrw.de,
- die Angebote der Bundesagentur für Arbeit wie www.planet-beruf.de, www.machs-richtig.de, www.abi.de und die Informationsschriften „Beruf aktuell“ und „Studien- und Berufswahl“,
- das Angebot der Hochschulrektorenkonferenz www.hochschulkompass.de,
- www.hochschule-ist-zukunft.de und die Homepages und studienbezogenen Publikationen der Hochschulen sowie
- weitere Angebote wie www.girls-day.de und www.neue-wege-fuer-jungs.de aufmerksam gemacht werden.
Die Erfahrungen aus der schulischen Umsetzung werden durch die obere Schulaufsicht und die kommunalen Koordinierungsstellen gesammelt und sollen in die Weiterentwicklung des Gesamtsystems einfließen.
2 Regionale Koordination
2.1 Kommunale Koordinierung
Die Vernetzung aller vor Ort im Handlungsfeld Berufsorientierung tätigen Akteure steht im Zentrum des Landesvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss“. Die bei den Kommunen für diese Aufgaben angesiedelten Koordinierungsstellen bilden die Schaltstelle für die mit der Umsetzung des Landesvorhabens verbundenen Prozesse und koordinieren die Akteure und ihre Aktivitäten vor Ort. Die originären Zuständigkeiten der Partner bleiben erhalten. Die Kommunale Koordinierungsstelle organisiert unter Nutzung von Synergien mit den Regionalen Bildungsnetzwerken das gemeinsame Handeln aller Akteure und übernimmt in diesem Sinne selbst Verantwortung.
2.2 Beirat Schule und Beruf
Zur schulübergreifenden örtlichen Abstimmung und Unterstützung aller am Prozess der Berufsorientierung Beteiligten existiert auf der Ebene der kreisfreien Städte und der Kreise jeweils ein Beirat Schule und Beruf. Im Rahmen der Kommunalen Koordinierung sind in jeder Gebietskörperschaft Steuergremien/Steuergruppen eingerichtet, in denen die langjährig arbeitenden Beiräte Schule Beruf eingebunden sind und weiterhin einzubinden sind. Die folgenden Aufgaben des Beirates werden durch die Steuergremien wahrgenommen. Der Beirat berät die Entwicklung auf dem regionalen Ausbildungsmarkt und aktuelle Probleme des Übergangs von der Schule in den Beruf und koordiniert die Nutzung von Praktikumsplätzen und Terminen für Schüler- und Lehrerbetriebspraktika. Zu dieser schulübergreifenden regionalen Abstimmung und Vernetzung arbeiten Agentur für Arbeit und Schule im Beirat Schule und Beruf aktiv, verantwortlich und eng zusammen. Der Vorsitz im Beirat Schule und Beruf wird gemeinsam von einer Schulaufsichtsbeamtin oder einem Schulaufsichtsbeamten des Schulamtes und einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter der Agentur für Arbeit wahrgenommen. Weiterhin gehören dem Beirat je eine Lehrerin oder ein Lehrer jeder Schulform der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II einschließlich der Berufskollegs sowie je eine Vertreterin oder ein Vertreter der beteiligten Schulträger, der Industrie- und Handelskammer, der Handwerkskammern und anderer zuständiger Stellen nach dem Berufsbildungsgesetz, der Jugendhilfe, der Arbeitskreise Schule - Wirtschaft, des Deutschen Gewerkschaftsbundes sowie der Arbeitgeberverbände an. Bei studienrelevanten Themen sind Vertreterinnen oder Vertreter der Studienberatungsstellen der regionalen Hochschulen hinzuzuziehen. Der Beirat kann weitere Mitglieder berufen. Eine paritätische Besetzung mit Frauen und Männern ist anzustreben. Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die auch die Federführung für die laufenden Geschäfte festlegt. Der Beirat tagt mindestens zweimal im Jahr. Er informiert seine Mitgliedsorganisationen, die Schulen und die Öffentlichkeit in geeigneter Weise über seine Beratungsergebnisse.
3 Zusammenarbeit von Schulen, Berufsberatung
und Hochschulen
3.1 Grundsätze
Schulen, Berufsberatung der Agenturen für Arbeit und Hochschulen kooperieren im Prozess der Berufs- und Studienorientierung mit dem Ziel, allen Schülerinnen und Schülern einen erfolgreichen Übergang in eine Ausbildung oder ein Studium zu ermöglichen. Schulen, Berufsberatung und Hochschulen haben die gemeinsame Verpflichtung zur Berufs- und Studienorientierung. Dementsprechend werden die Angebote flächendeckend an allen allgemeinbildenden Schulformen der Sekundarstufen I und II und den Berufskollegs realisiert. Für Schülerinnen und Schüler aller Schulformen der allgemeinbildenden Schulen wird Berufsorientierung von der Klasse 5 an thematisiert. Jede Schule mit gymnasialer Oberstufe entwickelt in Zusammenarbeit mit der Berufsberatung und ortsnahen Hochschulen ein Konzept zur Berufs- und Studienorientierung. Dabei berücksichtigt sie den in der Sekundarstufe I begonnenen Prozess. Die Angebote in der Sekundarstufe I und in der gymnasialen Oberstufe sollten zeitlich gestaffelt sein.
Veranstaltungen der Berufs- und Studienorientierung sind Schulveranstaltungen.
3.2 Zusammenarbeit von Schulen und Berufsberatung
Schule und Berufsberatung haben eine gemeinsame Verantwortung für die Berufs- und Studienorientierung, nehmen aber unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte wahr. Die Aufgabenschwerpunkte der Schule sind in dem Rahmenkonzept des Ausbildungskonsenses NRW „Berufsorientierung als Bestandteil einer schulischen individuellen Förderung“ festgelegt. Aufgabe der Berufsberatung ist die Information und Beratung in berufs- und studienrelevanten Fragen sowie die Vorbereitung einer sachkundigen und realitätsgerechten Berufs- bzw. Studienentscheidung. Die Angebote der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit sind auf der Grundlage des Landesvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss“ in die schulische Arbeit einzubeziehen. Die zuständige Agentur für Arbeit benennt jeder Schule eine für sie zuständige Berufsberaterin oder einen Berufsberater. Jede einzelne Schule und die Berufsberatung der Agentur für Arbeit legen vor Ort die konkreten Inhalte und Modalitäten der Zusammenarbeit in Kooperationsvereinbarungen fest. Darin sind die festen Ansprechpartner, Aufgaben der Schule und der Berufsberatung, Einbindung und Beteiligung von Eltern, die Organisation und Kommunikation verbindlich festzulegen. Die Vereinbarung bedarf nach § 5 Absatz 3 SchulG der Zustimmung der Schulkonferenz. Zusätzlich zum Regelangebot der Berufs- und Studienorientierung können für Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen auch Maßnahmen der vertieften Berufsorientierung nach § 48 SGB III durchgeführt werden. Das Mindestangebot der Berufsberatung bilden eine Berufs- und Studienorientierungsveranstaltung in der Schule und eine weitere z.B. im BIZ. Darüber hinaus bietet die Berufsberatung regelmäßige Sprechstunden an. Die Angebote der Berufsberatung setzen spätestens in Klasse 9 ein. Zur Vorbereitung der individuellen Beratungsgespräche setzt die Berufsberatung ein Arbeitspaket ein, mit dessen Hilfe Jugendliche unterstützt werden sollen, sich mit Fragen zur Berufswahl auseinanderzusetzen. Die Schule ermöglicht die Durchführung von Gruppenveranstaltungen, individuellen Beratungsgesprächen sowie Eignungsuntersuchungen auch während der Unterrichtszeit.
Ein Portfolioinstrument ist durch das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“ verbindlich zur Begleitung des Berufs- und Studienorientierungsprozesses eingeführt.
Bei Jugendlichen mit individuellem Unterstützungsbedarf, deren Übergang in eine Ausbildung gefährdet ist, regt die Schule frühzeitig den Besuch der Berufsberatung an. In gemeinsamen Gesprächen unter Einbeziehung der Eltern und bei Bedarf der Jugendhilfe können so rechtzeitig die Möglichkeiten für einen Berufseinstieg oder eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach der Schule ausgelotet werden. Für Jugendliche mit Behinderungen und Beeinträchtigungen und/oder Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung stellt die Berufsberatung soweit möglich alle Angebote in barrierefreier Form zur Verfügung. Sofern für Studieninteressierte mit Beeinträchtigungen und Behinderungen Unterstützungsangebote erforderlich sind, werden diese auch durch die Berufsberatung gewährleistet. Zu Beginn des letzten Schuljahres vor dem Übergang der Jugendlichen in eine Ausbildung oder einen Beruf richten sich die Maßnahmen der Schule am Ziel eines erfolgreichen Übergangs aus. Dazu können soweit erforderlich unter anderem gehören
- Hilfen für Bewerbungsverfahren,
- Wiederholung von Unterrichtsinhalten im Bereich von Basisqualifikationen,
- Hinweise auf regionale Stellenangebote,
- schulische Unterstützung von mobilitätsfördernden Maßnahmen,
- Anbahnung besonderer Beratungsangebote für Jugendliche, die noch nicht vermittelt sind.
Die Schule sollte jederzeit einen Überblick über den Stand der Vermittlung ihrer Schülerinnen und Schüler, die einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz suchen, haben. Bei sich abzeichnenden Problemen sollte sie mit ihren Kooperationspartnern unterstützende Programme vereinbaren. Wünschenswert ist es darüber hinaus, dass die Schule mit den Schulabgängerinnen und Schulabgängern auch in der ersten Zeit nach Verlassen der Schule soweit Kontakt hält, dass bei individuellen Schwierigkeiten externe Hilfsangebote vermittelt werden können.
3.3 Zusammenarbeit von Schulen und Hochschulen
Ein wesentlicher Faktor für den erfolgreichen Übergang von der Schule zur Hochschule ist die Zusammenarbeit von Schulen und Hochschulen. Die jeweilige Form der Kooperation fließt in das Curriculum zur Berufs- und Studienorientierung („BO-Curriculum“, vgl. Standardelement 3.1) ein und wird im Schulprogramm verankert. Die kooperierenden Hochschulen fungieren auch als außerschulische Lernorte für studieninteressierte Schülerinnen und Schüler. Die Hochschulangebote werden sinnvoll in die curricularen und außercurricularen Angebote der Schule eingebunden. Die Angebote der Studienberatung zur studienvorbereitenden Beratung erfolgen im Rahmen des schulischen Konzepts zur Berufs- und Studienorientierung in Abstimmung mit den Partnern Schule und Berufsberatung. Sie unterstützen die Orientierungs-, Informations- und Entscheidungsprozesse studieninteressierter Schülerinnen und Schüler durch Einzelberatung, Gruppenangebote und umfassende Informationsangebote. Darüber hinaus tragen zahlreiche fachbezogene Angebote aus den Fakultäten sowie die Programme zur Förderung spezieller Zielgruppen - z.B. Schülerinnen mit natur- oder ingenieurwissenschaftlichem Interesse und besonders leistungsfähige und begabte Schülerinnen und Schüler - zu einer fundierten Studienentscheidung bei. Grundlegend für eine funktionierende Zusammenarbeit von Schule und Hochschule sind
- die Verständigung über Art und Umfang der Zusammenarbeit sowie über die Ziele gemeinsamer Maßnahmen,
- eine frühzeitige inhaltliche, organisatorische und terminliche Abstimmung von Aktivitäten und Angeboten in Schule und Hochschule,
- ein regelmäßiger Austausch über grundlegende Fragen der Studienvorbereitung und über aktuelle Veränderungen in Schule und Hochschule.
Neben Einzelkontakten kann der Austausch auch im Rahmen von Informationsveranstaltungen für die Koordinatorinnen und Koordinatoren für Studien- und Berufsorientierung, die schulischen Ansprechpartnerinnen für Gleichstellungsfragen und weitere interessierte Lehrerinnen und Lehrer stattfinden. Schulen weisen Schülerinnen und Schüler auf die Angebote der Hochschulen hin und bereiten die Teilnahme vor und nach. Bei einem Schülerstudium können Leistungen, die während der Schulzeit in der Hochschule erbracht worden sind, von der jeweiligen Hochschule ggf. als Studienleistungen anerkannt werden.
3.4 Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs
Die Zusammenarbeit zwischen allgemeinbildenden Schulen und Berufskollegs in Fragen der Berufsorientierung ist eine Pflichtaufgabe (§ 4 Absatz 1 und 2 SchulG). Sie umfasst gegenseitige Information über fachliche und pädagogische Fragen, wechselseitige Beteiligung bei schulischen Veranstaltungen sowie den Austausch von Lehrkräften für einzelne Unterrichtsvorhaben. Dadurch sollen insbesondere
- die fachlichen und überfachlichen Anforderungen der allgemeinbildenden Schulen und der Berufskollegs besser aufeinander abgestimmt werden,
- die Übergänge in Ausbildung und in vollzeitschulische Bildungsgänge am Berufskolleg erleichtert werden,
- Informationen über ortsspezifische Bildungsangebote und neue Entwicklungen in Bildungsgängen und Berufsfeldern verbessert werden.
Alle zur Erreichung dieser Ziele notwendigen Vereinbarungen werden einvernehmlich zwischen den beteiligten Schulen unter Beteiligung der Schulkonferenzen festgelegt und soweit erforderlich von der Schulleiterin oder dem Schulleiter genehmigt.
3.5 Zusammenarbeit Berufskollegs, Berufsberatung und Studienberatung
Das Landesvorhaben „Kein Abschluss ohne Anschluss“ greift den Berufs- und Studienorientierungsprozess in der Sekundarstufe I bei den Jugendlichen in der Sekundarstufe II auf.
An den Berufskollegs stellen sich die Unterstützungsbedarfe von Schülerinnen und Schülern im Hinblick auf die Berufs- und Studienorientierung je nach Bildungsgang sehr unterschiedlich dar. In den berufsvorbereitenden Bildungsgängen geht es darum, den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit einer beruflichen Ausbildung zu eröffnen. In den Bildungsgängen der Berufsfachschulen und beruflichen Gymnasien liegt der Fokus der Beratung auf der Information über den Arbeitsmarkt sowie über die Möglichkeiten der beruflichen Fortbildung und eines Studiums. Nummer 3.3 gilt entsprechend. Die Auszubildenden in den Fachklassen des dualen Systems haben ihre Berufswahlentscheidung bereits gefällt. Die gemeinsamen Bemühungen von Berufskolleg und Berufsberatung sind hier auf die Sicherung des Ausbildungserfolges gerichtet. Die konkrete Zusammenarbeit eines Berufskollegs mit der Berufsberatung wird in einer Kooperationsvereinbarung (gemäß Nummer 3.2) festgelegt, in der das differenzierte Angebot an Bildungsgängen in den Berufskollegs berücksichtigt wird. Besonders zu berücksichtigen sind die Schülerinnen und Schüler, die ihre Berufs- und Studienwahlentscheidung noch nicht getroffen haben oder durch eine persönliche Behinderung oder Beeinträchtigung besonders benachteiligt sind. Berufsberatung und Berufskolleg benennen je eine feste Ansprechperson für die Koordination der Zusammenarbeit. (Näheres siehe RdErl. des Ministeriums für Schule und Weiterbildung „Richtlinien für die Zusammenarbeit von Berufskollegs mit der Agentur für Arbeit/Berufsberatung zur Förderung von leistungsschwächeren und benachteiligten Schülerinnen und Schülern“ vom 15.07.1993 (BASS 12-21 Nr. 7).
3.6 Studien- und Berufsorientierung im Weiterbildungskolleg
Weiterbildungskollegs können im Bildungsgang der Abendrealschule den Erlass sinngemäß anwenden, soweit dies im Rahmen der Stundentafel möglich und mit ihren organisatorischen Bedingungen vereinbar ist.
4 Zusammenarbeit mit der Jugendsozialarbeit
Um den Anspruch junger Menschen auf Bildung und Erziehung im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) sichern zu helfen, fördert das Land bei Trägern der Jugendhilfe im Rahmen der Jugendsozialarbeit sozialpädagogische Beratung und Begleitung beim Übergang von der Schule in den Beruf. Die angebotene Beratung und Begleitung wendet sich an „junge Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind“ (§ 13 KJHG). Dabei handelt es sich um sogenannte Frühabgängerinnen und Frühabgänger, Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Abschluss oder mit anderen Beeinträchtigungen. Mit der über die Arbeit in der Schule hinausgehenden intensiven pädagogischen Betreuung unterstützen diese Beratungsstellen junge Menschen, ihre vielfältigen Probleme zu bewältigen. Bei Bedarf sind besondere Förderungsmaßnahmen für Mädchen und/oder junge Frauen anzubieten, insbesondere bei Migrationshintergrund. Die Träger der Jugendhilfe und die Schulen informieren sich gegenseitig über Angebote für die Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen und streben so weit wie möglich gemeinsam getragene Angebote, vor allem der Prävention, an. Soweit es sich um eigene Veranstaltungen der Jugendsozialhilfe handelt, weist die Schule Jugendliche auf die Angebote hin und unterstützt sie bei Bedarf durch die Bereitstellung von Schulräumen und die Genehmigung als Schulveranstaltung. Zu Veranstaltungen der Schule können zum Nutzen einzelner benachteiligter Jugendlicher (z.B. als Begleitung bei Schülerbetriebspraktika) Beratungskräfte der Jugendsozialarbeit hinzugezogen werden.
5 Besondere Hinweise zur Berufsorientierung bei Bedarf
an sonderpädagogischer Unterstützung
Die Instrumente der Berufsberatung stehen Schülerinnen und Schülern mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung an jedem Förderort zur Verfügung. Die Berufsorientierung bei Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung erfordert frühzeitige Aufmerksamkeit. Hier gilt es in besonderem Maße, die Anschlussfähigkeit beim Übergang von der Schule in den Beruf den heterogenen Lernbedingungen und Kompetenzen dieser Schülergruppe anzupassen. Die Gestaltung der Schülerbetriebspraktika kann bei Bedarf den schulischen, regionalen und zeitlichen Erfordernissen flexibel angepasst werden. Die Dokumentation der Schülerbetriebspraktika erfolgt im Portfolioinstrument. Hierzu ist es auch sinnvoll, die Angebote von weiteren Partnern wie z.B. der Integrationsfachdienste zu nutzen. Die Schule kann aktuelle Angebote außerschulischer Fördermaßnahmen in die Beratung der Schülerinnen und Schüler sowie ihrer Eltern einbeziehen. Seitens der Agentur für Arbeit wird bei Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung die Beratung von speziellen Beratungsfachkräften, den Reha-Beraterinnen und -Beratern, wahrgenommen. Für die Zusammenarbeit von Schule und Reha-Beratung gilt Nummer 3.2 entsprechend. Die Reha-Beratung der Arbeitsagentur bietet zusätzlich zum Mindestangebot in Nummer 3.2 eine Elternveranstaltung pro Abgangsklasse sowie zwei Einzelberatungen pro Schülerin oder Schüler an. Die evtl. entstehenden Kosten trägt die Bundesagentur für Arbeit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben (z.B. Gebärdendolmetscherin oder -dolmetscher). Zur Vorbereitung der Einzelberatung gibt die Berufsberatung im Rahmen der ersten Berufsorientierungsveranstaltung in der Schule ein sogenanntes „Arbeitspaket“ aus. Es dient der Optimierung und Intensivierung der Beratung, Förderung und Betreuung dieser Jugendlichen. Die Schule unterstützt diesen Prozess durch Hinweise im Unterricht und bei Bedarf in Elternveranstaltungen sowie durch Bündelung und zeitnahe Rückgabe der Unterlagen des Arbeitspaketes an die Reha-Beratung.
6 Schülerbetriebspraktikum und Hochschulpraktikum
Schülerbetriebspraktika bieten Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, die Berufs- und Arbeitswelt unmittelbar kennen zu lernen, sich mit ihr auseinander zu setzen und ihre Eignung für bestimmte Tätigkeiten zutreffender einzuschätzen. Um die Wirksamkeit der Schülerbetriebspraktika zu sichern, ist eine intensive Vor- und Nachbereitung in der Schule unerlässlich. Zur Erweiterung des Berufswahlspektrums soll das Interesse von Schülerinnen an technisch-naturwissenschaftlichen und anderen bislang frauenuntypischen Berufen, bei Schülern das Interesse an pädagogischen, pflegerischen und anderen männeruntypischen Berufen geweckt und gefördert werden.
6.1 Praktikumsdauer und -organisation
Über die Grundsätze der Durchführung und die Verteilung der Schülerbetriebspraktika entscheidet die Schulkonferenz im Rahmen der Beschlussfassung zum Schulprogramm nach § 65 Absatz 2 Nummer 1 SchulG. In den Klassen 9 oder 10 ist ein in der Regel zwei- bis dreiwöchiges Schülerbetriebspraktikum verbindlich. Darüber hinaus sind ab der 7. Klasse auch weitere Kurzzeitpraktika, sogenannte Schnupperpraktika, zulässig. Nach Entscheidung der Schulkonferenz kann ein zweites Praktikum von ein- bis dreiwöchiger Dauer durchgeführt werden. Mit den Praktikumsbetrieben sind die organisatorische Durchführung des Praktikums und die während des Praktikums von den Schülerinnen und Schülern zu fertigenden Berichte und Dokumentationen rechtzeitig abzustimmen. Über die Nachbereitung im Unterricht hinaus sind die Ergebnisse aus den Praktika schriftlich zu dokumentieren. Sie können nach Festlegung durch die Schule in die Leistungsbewertung (z.B. eine Facharbeit) einfließen. Zur Betreuung während des Praktikums führen Lehrkräfte Besuche in den Praktikumsbetrieben im Rahmen des durch die Abwesenheit der Praktikanten freien Stundenvolumens durch.
6.2 Auswahl der Praktikumsbetriebe
Praktikumsbetriebe sollen so ausgewählt werden, dass sie vom Wohnsitz aus zumutbar erreicht werden können. Falls das regionale Ausbildungsplatzangebot von Jugendlichen größere Mobilität verlangt, können auch Praktikumsplätze, die den Einzugsbereich der Schule überschreiten, genutzt werden. Voraussetzung ist, dass die schulische Betreuung sichergestellt werden kann. Betriebspraktika für Berufsschülerinnen und Berufsschüler bedürfen des Einverständnisses der Ausbildungsbetriebe.
6.3 Praktika im Ausland
Praktika im Ausland unterliegen denselben Bedingungen. Schülerinnen und Schüler sollen dabei vor allem ihre fremdsprachlichen und interkulturellen Kenntnisse insbesondere auch im berufsbezogenen Bereich verbessern sowie die Lebensbedingungen des Ziellandes kennenlernen. Auslandspraktika können in Ländern der Europäischen Union auch im Rahmen von Studienfahrten und internationalen Begegnungen durchgeführt werden. Praktika im Ausland finden in Kooperation mit geeigneten Partnerorganisationen (Partnerschule, Kammern, Verbände usw.) statt. Die Betreuung bei Auslandspraktika kann auch durch Lehrkräfte der Partnerschule oder im Rahmen von bilateralen Vereinbarungen sichergestellt werden. Die abschließende Entscheidung obliegt den Bezirksregierungen.
6.4 Hochschulpraktikum
Das Ziel der Hochschulpraktika ist zusätzlich zur Orientierung über die Inhalte der Studiengänge eine weitere Verzahnung zwischen weiterführenden Schulen und Hochschule herzustellen. Die Studienberatung soll hierbei frühzeitig über mögliche Studiengänge informieren. Das Praktikum in der Sekundarstufe II kann als Hochschulpraktikum absolviert werden. Die Schülerinnen und Schüler nehmen für die Dauer des Praktikums an verschiedenen ausgewählten Lehrveranstaltungen des regulären Studienbetriebs teil und erhalten dadurch die Möglichkeit, Hochschule, Studienangebote und Studienalltag kennen zu lernen. Das Hochschulpraktikum kann entweder im Rahmen eines Programms, wie z.B. dem Dualen Orientierungspraktikum, oder auch individuell organisiert sein. Ansprechpartner seitens der Hochschulen sind die Studienberatungsstellen. Die Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an den Lehrveranstaltungen erfolgt eigenverantwortlich. Das Praktikum wird in der Schule vor- und nachbereitet und an den Hochschulen evaluiert.
6.5 Rechtliche Absicherung
Alle Standardelemente des Landesvorhabens „Kein Abschluss ohne Anschluss“ sind Schulveranstaltungen, bei denen die Jugendlichen Schülerinnen und Schüler ihrer Schule sind. Für die Praktika gilt, dass die Schülerinnen und Schüler nicht Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Praktikumsbetriebes sind und keine Vergütung erhalten. Sie unterliegen in dieser Zeit dem Weisungsrecht des Betriebspersonals. Die Einhaltung der für den einzelnen Praktikumsbetrieb geltenden Vorschriften zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sowie des Jugendarbeitsschutzgesetzes obliegt dem jeweiligen Betrieb. Bei Praktika außerhalb der EU muss der Praktikumsbetrieb schriftlich versichern, dass er die gängigen nationalen Standards des Gesundheits- und Arbeitsschutzes erfüllt. Der Betrieb legt fest, in welchen Betriebsbereichen die Praktikantinnen und Praktikanten nicht tätig werden dürfen. Soweit aus gesetzlichen Gründen erforderlich, sind dem Betrieb die Bescheinigung(en) über die Belehrung(en) nach dem Infektionsschutzgesetz vorzulegen. In Zweifelsfällen erteilen die Gesundheitsämter Auskunft. Zu Fragen des Arbeitsschutzes erteilt die Schulaufsicht Auskunft. Kosten für gesetzlich vorgeschriebene Belehrung(en) nach dem Infektionsschutzgesetz trägt bei Schulen in öffentlicher Trägerschaft der Schulträger. Die Schulaufsicht unterstützt die Vorbereitung und Durchführung von Betriebspraktika durch Merkblätter zum Arbeitsschutz, die den Schulen über die Beiräte Schule und Beruf zur Verfügung gestellt werden. Als Schulveranstaltungen unterliegen Schülerbetriebspraktika im In- und Ausland der gesetzlichen Unfallversicherung. Falls eine Haftpflichtversicherung erforderlich ist, trägt der Schulträger die Kosten (§ 94 Absatz 1 SchulG). Bei Auslandsaufenthalten wird der Abschluss eines Privatversicherungspaketes durch die Eltern empfohlen.
Die Standardelemente Potenzialanalyse, Berufsfelderkundungen, Betriebspraktika, Langzeitpraktikum gelten als schulische Pflichtveranstaltungen und werden außerschulisch organisiert und durchgeführt. Für die ordnungsgemäße Organisation und Durchführung werden jeweils Daten erhoben und weitergeleitet. Gemäß § 120 Absatz 2 SchulG bedürfen Datenerhebungen einer wirksamen Einwilligung der Eltern. Diese wird durch die Schule vorbereitet. Die Zulässigkeit der Datenerhebung ist von der Frage der Teilnahmepflicht für diese Schulveranstaltungen zu trennen. Die Schulen stellen für die Schülerinnen und Schüler, für die keine Einwilligungen in die Datenerhebungen vorliegen, vergleichbare Angebote bereit.
7 Qualifizierung der Lehrkräfte
7.1 Fortbildung
Die Planung und Realisierung eines schul- und standortbezogenen Konzeptes der Berufs- und Studienorientierung ist eine Aufgabe aller Lehrerinnen und Lehrer der Schulen der Sekundarstufen I und II. Die Schulen sollen im Rahmen ihrer Fortbildungsplanung Fragen der Berufs- und Studienorientierung berücksichtigen. Soweit möglich sollen in schulinterne Fortbildungsmaßnahmen neben Moderatorinnen und Moderatoren der staatlichen Lehrerfortbildung und Fachkräften der Arbeitsverwaltung auch Expertinnen und Experten aus den Hochschulen sowie Vertreterinnen und Vertreter der örtlichen Wirtschaft einbezogen werden.
7.2 Lehrerbetriebspraktika
Um Lehrkräften der Sekundarstufen I und II die Möglichkeit zu geben, außerhalb ihres üblichen Tätigkeitsfeldes die Wirtschafts- und Arbeitswelt und ihre allgemeinen Zusammenhänge durch eigene Mitarbeit in Betrieben kennen zu lernen, sollen verstärkt Lehrerbetriebspraktika durchgeführt werden. Dadurch sollen Lehrkräfte ihre Beratungskompetenz erhöhen und berufsfeldbezogene Erfahrungen sammeln, unter anderem auch um Rollenstereotypen hinsichtlich vermeintlich frauen- und männertypischer Berufe entgegenwirken zu können. Lehrerbetriebspraktika werden in der Eigenverantwortung der Schule durchgeführt und von der Schulleiterin oder dem Schulleiter genehmigt. Bei Bedarf berät die zuständige Schulaufsicht die Schulen. Lehrerbetriebspraktika sollen für Lehrkräfte allgemeinbildender Schulen bis zu zwei, für Lehrkräfte am Berufskolleg bis zu vier Wochen dauern. Es ist anzustreben, dass in Absprache mit der örtlichen Wirtschaft im Rahmen von Lehrerbetriebspraktika ein Personalaustausch zwischen Lehrkräften und den mit der betrieblichen Ausbildung befassten Personen erfolgt. In diesem Fall übernehmen die am Austausch Beteiligten jeweils Aufgaben in Schule bzw. Betrieb, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Lehrerbetriebspraktika sind dienstliche Veranstaltungen. Der Dienstherr übernimmt den Dienstunfallschutz, sofern nicht eine betriebliche Versicherung eintritt. Mittel für Reisekosten für die Fahrt vom Wohnort zum Betrieb stehen nicht zur Verfügung. Den Lehrkräften sollten deshalb höchstens vergleichbare Kosten wie beim Weg zu ihrer Schule entstehen.
8 Abstimmung, Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Der Runderlass ist mit den Ministerien für Innovation, Wissenschaft und Forschung sowie für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit sowie den Landesrektorenkonferenzen der Fachhochschulen und Universitäten in Nordrhein-Westfalen abgestimmt und tritt mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung in Kraft.
ABl. NRW. 10/2016 S. 36